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Deutschland. Ein Wintermärchen – Ein transkultureller Roadtrip durch die neue Heimat

18.11.2018

Sanfte Klänge der anschlagenden Tasten eines Klavieres. Dann setzt sich die Melodie unter all den Tönen immer dominanter werdend durch. Es ist die Nationalhymne Deutschlands. Das zehnköpfige Ensemble steht in einer Reihe mit dem Gesicht zum Publikum. Sie stehen "auf den Brettern, die die Welt bedeuten" (Friedrich Schiller), nahe der Rampe zu den Zuschauerrängen hin. Die Nationalhymne Deutschlands löst Unterschiedliches in ihnen aus. Der eine, die Hand auf der Brust liegend, singt sie leise mit, die andere schaut verträumt ins Nirgendwo. Dann setzen sie ein, im zweiten Kapitel von Heinrich Heines Deutschland. Ein Wintermärchen. Die Texte zitieren die einzelnen Spieler*innen in Versen versetzt, den einen Teil in deutscher Sprache, den anderen Teil in ihrer Muttersprache. 

Im traurigen Monat November war's,
Die Tage wurden trüber,
Der Wind riß von den Bäumen das Laub,
Da reist ich nach Deutschland hinüber. 
[...]

Deutschland. Ein Wintermärchen heißt die neueste Produktion der Bürgerbühne des Düsseldorfer Schauspielhauses, die am 5. November im Studio des Jungen Schauspiels in der Münsterstraße 446 Premiere feierte. Das Theaterkollektiv projekt.il machte aus dem Text von Heinrich Heine einen transkulturellen Roadtrip durch die neue Heimat mit Bürgerinnen und Bürgern der Stadt.

Nach Do you feel the same?, das im Oktober 2017 von Bianca Künzel und Alexander Steindorf (projekt.il) zur Uraufführung gebracht wurde, nun schon ihre zweite Inszenierung im Studio für die Bürgerbühne.

Sie stellten ein zehnköpfiges Ensemble aus acht verschiedenen Herkunftsländern zusammen, näherten sich gemeinsam dem Heine-Text aus dem Jahre 1844 und verwoben diesen mit den persönlichen Geschichten der Darsteller*innen. Als Ausgangspunkt wählten sie die Gastspielreise eines Ensembles, das mit ihrer "Heinrich-Heine-Show" auf dem Weg nach Hamburg mit einem Bus ist. Natürlich angeführt von ihrem Busfahrer Hartmut, deutsch-deutsch versteht sich. Durch die Landschaft streifend philosophieren sie über die deutsche Seele und erzählen ihre Migrationsgeschichte. Immer in Einklang mit der Geschichte Heines gebracht, der nach Exil in Frankreich in sein Vaterland zurückkehrt.

Wie auf einer Klassenfahrt wird im Bus gealbert, gespielt, gesungen und gelacht, aber auch ganz ernst über Deutschland nachgedacht: über die Rechten in Chemnitz oder das Merkel'sche "Wir schaffen das!". Auch wenn man ihnen anmerkt, dass das auf der Bühne stehen oder deutsch sprechen noch ein wenig schwer fällt, schafft es das Ensemble, das Publikum zu begeistern. Bewegend, authentisch und ehrlich.

Nur künstlerisch ist dieser Abend nicht ganz so gut gelungen: Die Übergänge und Einschübe sehr ruppig, die Brüche oft sehr hart und nicht fließend. Nichtsdestotrotz einer der gelungeneren Abende der Bürgerbühne des Düsseldorfer Schauspielhauses. Es kommt, wie immer, ganz auf den Anspruch und den Blickwinkel an.

von Marvin

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