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Wonkel Anja – Die Show! – Tschechow meets Deutsches Fernsehen der 70er-Jahre

12.11.2018

Guten Abend meine sehr verehrten Damen und Herren hier in der Mitsubishi-Electro-Halle. Ich begrüße Sie ganz ausgesprochen herzlich zu einer weiteren Show "Wonkel Anja". Liebe Wonkel-Freunde, schön, dass ihr alle da seid. Hier in der Halle und auch zuhause vor den Fernsehern, vor den Empfangsgeräten im Fernsehsessel.

Wonkel Anja – Die Show! heißt das neue Theaterstück, das am 10. November auf der großen Bühne im Central uraufgeführt wurde. Wer sich unter diesem Titel überhaupt rein gar nichts vorstellen kann, ist nicht allein. So ging es vielen Zuschauerinnen und Zuschauern, die an diesem Abend ihrer Ungewissheit ein Ende setzen wollten und sich eine Eintrittskarte gesichert haben.

Das Regie-Duo Barbara Bürk und Clemens Sienknecht ist bekannt dafür, sich Klassikern der Literatur künstlerisch zu nähern und sie als Theaterabend, "allerdings mit anderem Text und auch anderer Melodie", zur Premiere zu bringen. In ihrem Regie-Debüt am Düsseldorfer Schauspielhaus präsentieren sie die Tragikomödie Onkel Wanja von Anton Tschechow gepaart mit den großen Spiel- und Unterhaltungsshows der 1960er- bis 1980er-Jahre. Der Abend verspricht eine "Liebeserklärung" (Programmheft) zu werden. Eine Liebeserklärung zum einen an die längst vergangene Zeit dieser kultigen Fernsehshows, zum anderen an die verlorenen Menschen, die Figuren in Tschechows Onkel Wanja. Denn diese scheitern, sind gefangen in ihrem Leben und werden ihren eigenen Ansprüchen und Sehnsüchten nicht gerecht.

In der Spielshow Wonkel Anja lassen die beiden Regisseur*innen diese beiden Welten ineinander gleiten. Fünf Spielerinnen und Spieler treten hier gegeneinander an, moderiert wird die Show von dem Showmaster Schietmar Dönherr und seiner Assistentin Bibi Vach. Herausgekommen ist ein musikalischer Abend, der dem Publikum mehr als gefallen hat. Immer wieder Szenen-Applaus, langer tobender Schlussapplaus, Bravo-Rufe und immer wieder laute Lacher aus dem Zuschauerraum. Mit viel Liebe hat das Team diesen Abend, die Bühne, die Kostüme, die Figuren kreiert und zum Leben erweckt. Das Ensemble brilliert im Gesang, Tanz, Spiel und der reinen Unterhaltung. Eine Inszenierung, die ganz und gar aus dem Repertoire herausfällt, positiv! Auch als Jugendlicher, der diese Shows nur vom Namen kennt und sie nie als Generationengewächs live im Fernsehen gesehen hat, kommt man auf seine Kosten. Natürlich versteht man nicht jeden Insider, aber der Abend macht trotzdem Spaß und gute Laune. 

Nur man muss sich natürlich zurecht die Frage stellen, inwieweit hier noch der Tschechow-Text drin verankert ist. Im ersten Teil des Abends geht es wirklich nur um die Liebeserklärung an die ehemalige Unterhaltungsshow-Welt, nie um die reine Geschichte von Tschechow. Erst als die Kandidat*innen sich ihre Figuren am Glücksrad losen, kommt die Onkel-Wanja-Welt zum Vorscheinen. Oder doch schon vorher? Mit Textkenntnissen lassen sich hinter den Kandidat*innen nämlich bereits von Anfang an die Tschechow-Figuren erkennen. Wenn sie buzzern, würfeln und am Glücksrad drehen kann man sie hinter der Kandidaten-Rolle erkennen. Die Tragikomödie findet im Laufe des Abends immer mehr Platz in der Inszenierung, nur die Verbindung ist brüchig. Und natürlich schade, dass die wenigen essentiellen Tschechow-Szenen im Vorspulmodus im Guckkasten ein bisschen an Bedeutung verlieren.

Nichtsdestotrotz ein unterhaltsamer rund zweistündiger Abend, der mit mehr als einem Gewinner endet.

von Marvin

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