Düsseldorfer Jugendportal

Sprich über deine Stadt!

640 640 1000 1000 1000

Das Schloss – Gefangen im hölzernen Labyrinth

12.12.2018

K. horchte auf. Das Schloß hatte ihn also zum Landvermesser ernannt. Das war einerseits ungünstig für ihn, denn es zeigte, daß man im Schloß alles Nötige über ihn wußte, die Kräfteverhältnisse abgewogen hatte und den Kampf lächelnd aufnahm. Es war aber andererseits auch günstig, denn es bewies, seiner Meinung nach, daß man ihn unterschätzte und daß er mehr Freiheit haben würde, als er hätte von vornherein hoffen dürfen. Und wenn man glaubte, durch diese geistig gewiß überlegene Anerkennung seiner Landvermesserschaft ihn dauernd in Schrecken halten zu können, so täuschte man sich; es überschauerte ihn leicht, das war aber alles.

Ein Protagonist namens Herr K., der Wunsch ein undurchsichtiges System zu durchdringen und nur ein vorhandenes Romanfragment: Natürlich handelt es sich hierbei um ein Werk von Franz Kafka. Mit der zweiten Spielzeitproduktion Das Schloss wurde die neue Saison des Düsseldorfer Schauspielhauses auch im Central auf der großen Bühne eröffnet. Regie führte Jan Philipp Gloger, der bereits in der Spielzeit 2016/17 in Düsseldorf inszenierte und damals Elfriede Jelineks Das Licht im Kasten zur Uraufführung gebracht hatte. Seit dieser Spielzeit ist er Schauspieldirektor am Staatstheater Nürnberg. Für diese Kafka-Produktion versammelte er ein neun-köpfiges Ensemble um den Düsseldorfer-Publikumsliebling Moritz Führmann, der den Protagonisten K. verkörpert. Auch wenn sich Führmann zuletzt häufiger im Fernsehen als auf der Düsseldorfer Bühne zu sehen war, scheint sich an der Zuneigung des Publikums zu ihm nichts geändert zu haben. Besonderer Applaus für den Star des Abends und seine nicht minder schwachen Schauspielkolleg_innen.

K. wird vom Grafen Westwest in sein Schloss bestellt, wo er seine Dienste als Landvermesser verrichten soll. Bei seiner Ankunft ist von dem Schloss allerdings überhaupt nichts zu sehen. Nebel und Finsternis umhüllen es. Im angrenzenden Dorf wie im Schloss scheint man auch überhaupt nichts von seinem Auftrag zu wissen. K. versucht selbst, zur Schlossbehörde vorzudringen. Doch alle seine Versuche in das Schloss zu gelangen, scheitern, er gerät nur immer tiefer in die Verstrickungen der ihm undurchschaubaren Verhältnisse von Macht und Ordnung. Je dringlicher K. das Schloss zu erreichen versucht, desto mehr entfernt er sich von seinem Ziel, bis er es schließlich ganz aus seinem Blick verliert und unaufhaltsam in einen Kampf gegen die allgegenwärtige, anonyme und undurchdringliche Bürokratie der Schlossverwaltung gerät.

Jan Philipp Glogers Inszenierung ist ein düsterer Theaterabend. Die Lichtstimmungen und Musik sorgen zusammen mit dem Bühnenbild von Christof Hetzer für eine finstere Atmosphäre. Mehrere Bretterwände, die farblich unterschiedlich gestaltet sind und aus horizontalen festgenagelten Latten bestehen, sind zu Beginn zu einem Würfel zusammengestellt. Doch im Laufe des Abends löst sich diese Formation und die Wände werden von den Spieler_innen auf der Drehbühne umhergeschoben und miteinander verkeilt, sodass Räume, Gänge, Gassen und schließlich ein hölzernes Labyrinth im Innern entsteht. Auf den Bretterwänden wird mit Kreide geschrieben, geklettert und an ihnen verzweifelt. Es ergeben sich durch die Einsetzung weniger Requisiten verschiedenste Ortwechsel. Getragen wird das ganze gewiss durch den Text, die Dialoge und die Spielkraft des Ensembles. Aufgeheitert wird die drückende Dunkelheit immer wieder durch das kecke Spiel der beiden Gehilfen K.'s (David Vormweg, Nils Kretschmer).

Und wenn Moritz Führmann am Schluss nur noch in Unterhose und zerrissenem Hemd da steht und immer noch nicht an sein Ziel vorgedrungen ist, wird klar: Er ist gefangen in einer großen Abwärtsspirale, aus der es kein Entrinnen geben kann.

von Marvin

Passende Artikel

youNews

Theater

Heisenberg – Starbesetzung spielt schräge romantische Komödie

youNews

Theater

No President – Eine trump'sche Selbsttherapie im Düsseldorfer Schauspielhaus

Kommentar verfassen

Bitte fülle alle Felder aus die mit * markiert sind.