b.38 – Der neueste Streich vom Ballett am Rhein
23.02.2019
Das Ballett am Rhein hat sein neuestes Ballettprogramm präsentiert: b.38 heißt es und es feierte am 9. Februar im Theater Duisburg Premiere. Darunter zwei Uraufführungen und eine wilde Tanznummer mit Tischen. Auch an diesem Ballettabend ist wieder für jeden Geschmack etwas dabei und das Ballett am Rhein beweist nicht nur abermals seine große tänzerische Qualität, sondern auch wie viele "Ballett-Sprachen" es beherrscht.
Sinfonie Nr.1 ist der Titel des ersten Stücks, einer Uraufführung, die der Ballettdirektor Remus Şucheană choreografiert hat. Die gleichnamige Musik stammt von Sergej Rachmaninow. Hierbei geht es um Bilder des Krieges und des Friedens und deren gemeinsames Wechselspiel. Junge Männer werden zum Kriegsdienst eingezogen, ihre Frauen bleiben um sie trauernd zurück. Während die Männer dann in Uniform aufmarschieren, schließen sich ihre Frauen zusammen, stützen sich gegenseitig, geben sich Halt. Im Hintergrund immer eine riesige schwarze Mauer, die alles überschattet. Thematisiert wird hier auch eine Vergewaltigung seitens eines Soldaten. So entstehen laufend Bilder um den Zyklus des Kriegs auf der Welt, schier ort- und zeitlos. Bildgewaltig endet dieses Stück, als sich Frauen wie Männer vor der Mauer versammeln, in einer Reihe stehend, und sie alle gemeinsam mit der Mauer untergehen. Ein beeindruckendes Schlussbild!
Das zweite Stück ist das zugleich kürzeste und aufregendste des Abends: One Flat Thing, reproduced heißt es und es wurde im Jahr 2000 in Frankfurt uraufgeführt. Choreografiert hat es der US-Amerikaner William Forsythe. Auf der Bühne stehen 20 Tische, die geordnet in vier Reihen stehen. Die Tänzer*innen tragen knallbunte Kostüme und die Musik, von Thom Willems kommt diesmal vom Band. Im Vergleich zum ersten Stück ohne klaren Handlungsstrang, dafür sehr assoziativ und atmosphärisch. Hier treten Ordnung und Chaos in einen gleichberechtigten Kampf miteinander. So wird auf wie unter, neben wie zwischen den Tischen getanzt, immer wieder durchbrochen von Tempowechseln und gleichen wie verschiedenen Bewegungen. Untermalt ist das ganze durch frostige Soundeffekte. Am Schluss steht jeder der 20 Tänzer*innen hinter einem Tisch und zieht diesen ruckartig in die Tiefe der Bühne. Großer Applaus seitens des Publikums, das dieses Stück frenetisch feiert.
Tyll heißt der neueste und großartige Roman von Daniel Kehlmann, der sich um die Zeit des Dreißigjährigen Krieges dreht. Mittendrin der berühmte Gaukler Tyll Ulenspiegel, der einst beschlossen hatte, nie zu sterben. Das Schauspiel Köln hat diesen Roman zum Spielzeitstart der aktuellen Spielzeit in einer Bühnenfassung herausgebracht. Nun widmet sich der Chefchoreograf & Künstlerische Direktor vom Ballett am Rhein Martin Schläpfer der Figur des Tyll Ulenspiegels und bringt seine Ulenspiegeltänze zur Uraufführung. Zur 7. Sinfonie von Sergej Prokofjew wird hier in einem magischen Setting Ballett getanzt. Die Bühnenrückwand wird durch eine Videoprojektion mit verschiedenen Bildsequenzen laufend visuell bespielt. Zu Beginn hockt da eine Eule, nachher auch noch ein Opernsaal in schwarz-weiß. Links auf der Bühne hängen perlene Fäden von der Decke, die wie abtrennende Vorhänge wirken. Auch die Kostüme sind verspielt: Grau-blaue Ganzkörperanzüge, in denen sich die Tänzer*innen bewegen. Ulenspiegel wird hier personifiziert durch die Balletttänzerin Yuko Kato, die dem Publikum dann auch gerne mal den Po entgegenstreckt. Es sind Tanzfiguren, die den Gaukler zum Leben erwecken. In dem Kopf des Zuschauers mag man den Tyll nur so lachen hören. Ein geniales Schlussbild als die Eule auf die Bühne zurückkehrt, erst mit dem Rücken zum Publikum. Dann dreht sie sich um und start dem Zuschauer mit einer roten Clownsnase im Gesicht entgegen. Tyll'sches Gelächter erklingt und das Licht geht aus.
Die nächsten Vorstellungen im Theater Duisburg sind am 17. März (15 Uhr), 20. März (19.30 Uhr) und 28. April (18.30 Uhr). Karten gibt es an allen bekannten VVK-Stellen und online unter operamrhein.de.
***Noch mehr #Theatertipps findet ihr auf youpod.de/theater.***
Kommentar verfassen