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Das Dschungelbuch – Robert Wilson inszeniert den Roman von Rudyard Kipling

21.10.2019

Der US-amerikanische Starregisseur Robert Wilson ist zurück in Düsseldorf. Nach seiner Erfolgsproduktion DER SANDMANN (Düsseldorf-Premiere: 20. Mai 2017) schenkt er dem Düsseldorfer Schauspielhaus in seiner 50-jährigen Jubiläumsspielzeit nun eine weitere seiner bildmächtigen Inszenierungen - nach dem düsteren Sandmann-Horror diesmal sogar für die ganze Familie. Ausgesucht hat er sich nun den Erfolgsroman DAS DSCHUNGELBUCH von Rudyard Kipling, den er gemeinsam mit dem Folk-Duo CocoRosie als Musiktheater neu erzählt. Um eine mögliche Enttäuschung vorwegzunehmen: Mit der Disney-Verfilmung hat dieser Abend absolut nichts gemein. Wie immer nutzt Wilson seine eigene Sprache, die ihn jahrzehntelang zu großem Erfolg geführt hat, und lässt Groß und Klein mit glänzenden Kinderaugen staunend auf das Bühnenspiel schauen. Die Inszenierung ist in Koproduktion mit dem Théâtre de la Ville-Paris entstanden, wo sie bereits wenige Wochen zuvor Premiere gefeiert hat. Die Düsseldorfer Premiere war am 19. Oktober im - natürlich - restlos ausverkauften Großen Haus.

Mowgli, ein Findelkind, wächst bei Tieren im Dschungel auf, nachdem es von seinen Eltern getrennt wurde. Eine Wölfin zieht ihn mit ihren anderen Jungen groß bis er schließlich ins Rudel aufgenommen wird. Irgendwann jedoch wird er aus diesem verstoßen, weil der Königstiger Shere Khan die Mehrheit der Tiere hinter sich bringen kann. Ihm wird klar gemacht, dass er keiner von ihnen sei, sondern ein Mensch, woraufhin der Junge den Dschungel verlässt und zu den Menschen ins Dorf zurückkehrt. 

Wilson macht aus der berühmten Geschichte eine Nummernrevue, die sich wie Seiten aus einem bunten Bilderbuch aneinanderreihen. Die Songs des Duos CocoRosie touchieren verschiedene Musikgenres und passen sattelfest auf die leuchtende Inszenierung. Mowgli, gespielt von der großartigen Cennet Rüya Voß, ist ein androgyn aussehender Knabe, der in seinem roten Boxer-Outfit - schauspielerisch wie gesangstechnisch - eine mehr als gute Figur macht. Daneben glänzen auch andere Tiere des Ensembles wie Rosa Enskat als Elefant Hathi, die die Geschichte als Erzählerin lenkt, und André Kaczmarczyk als schwarzer Panther Bagheera, der in seinem Outfit einem Nachtclub entsprungen sein könnte. Daneben scheinen andere Mitglieder des Ensembles mehr oder minder große Probleme mit der musikalischen wie körperlichen Performance, die Robert Wilson von seinen Schauspielern bedingungslos einfordert, zu haben. Ein Leistungsgefälle wie hier sieht man sonst eher selten am Düsseldorfer Schauspielhaus. 

DAS DSCHUNGELBUCH ist ein mit 90 Minuten kurzweiliger Abend, der Freude macht und die Fantasie in den Köpfen seiner Zuschauer zum Blühen bringt. Und doch bleibt er, im Vergleich zu Wilsons DER SANDMANN, hinter seinen Erwartungen zurück. Es fehlt der rote Faden, der den Zuschauer soghaft in die Geschichte hineinzieht und fesselt. Stattdessen steht jede Szene für sich und fügt sich nur durch den Gesamtkontext ineinander. Darüber hinaus will das Bild des Asphalt-Dschungels nicht so ganz aufgehen - die Elemente, wie Röhrenfernseher und "Exit"-Schilder bleiben wie Fremdkörper auf der Bühne stehen neben den Bebilderungen eines Urwald-Dschungels. Wilson hat gewiss schöne Bilder gefunden, erzählt mit kleinen kindlichen Spielereien viel, bleibt in erster Linie aber dennoch stets Künstler für Aug' und Ohr - sein Interesse an dem Text, und was in ihm steckt, bleibt überschaubar. Nichtsdestotrotz darf man davon ausgehen, dass auch dieser Abend auf eine hohe Nachfrage beim Düsseldorfer Publikum treffen wird - denn Wilson ist und bleibt ein Ausnahmekünstler, dessen Werke stets verzaubern und betören. Und wer einmal jene besondere ästhetische Auffassung von Theater à la Wilson gesehen und erlebt hat, dessen Blick auf das Theater ist verändert.

von Marvin

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