Wer das erste Mal das PULS auf der Corneliusstraße betritt, auf den stürmt ein kleines, nett aussehendes Mädchen mit einem Lächeln. Das Mädchen heißt Louisa und ist eigentlich gar kein Mädchen mehr, sie ist 18 Jahre alt und macht zurzeit auf dem Geschwister-Scholl-Gymnasium ihr Abitur.
Sie arbeitet ehrenamtlich bei PULS, einem Jugendzentrum für Schwule, Lesben, Bisexuelle, Transsexuelle und Freunde im Alter zwischen 14 und 26 Jahren.
Gästen zeigt sie gerne ausgiebig alle Räume. Direkt an der Eingangstür steht ein Kickertisch, links einige Tische mit Stühlen. Links kommt eine große Theke, hinter der einige Jugendliche stehen und sich unterhalten. Sie verkaufen Süßigkeiten und Getränke für ein wenig Geld. Von der Theke geht es direkt in den großen Entspannungsbereich. Im Kreis stehen Sofas, viele bunte Sitzkissen und zwei kleine Tische. An der Wand prangt der Schriftzug "Puls – lebe offen anders".
Jugendliche haben PULS gemacht
Louisa weist stolz auf den Beamer hin: "Damit veranstalten wir oft Filmabende". Links neben dem Bereich stehen ein Keyboard, ein hoher Tisch mit Stühlen und ein großes Bücherregal. "Eigentlich haben wir hier alles", so Louisa. Weiter geht es durch einen kleinen Gang. An der Wand zeigen Fotocollagen verschiedene PULS-Aktionen: Jugendliche beim streichen und gestalten der Räume. Geht man weiter, hängt dort ein weiterer Rahmen mit Fotos von den Christopher Street Days (CSDs), den internationalen schwul-lesbischen Fest- und Demonstrationstagen. Rechts gibt es Toiletten.
"Die Toiletten sind sogar behindertenfreundlich. Toll, oder?", Louisa stubst eine der Türen auf. Und auch die Toiletten sind schön eingerichtet, an der einen Wand hängt ein Plakat mit dem Titel "Toilettenzeitung" mit lustigen Kritzeleien darauf. Die andere Wand schmückt ebenfalls ein großes Plakat, das mit Spraydosen gemacht wurde. Nach der Toilette am Ende des Ganges liegt ein Versammlungsraum, in dem in Ruhe Probleme geklärt werden, oft hilft PULS-Leiterin Jana Hansjürgen. Louisa zeigt auch den letzten Raum, der ein noch viel größerer Versammlungsraum mit Tischen und Stühlen ist. Der Rundgang, die Fotos, die von den Jugendlichen eigenständig gestalten Räume lassen Neue schnell den Zusammenhalt der Jugendlichen hier spüren.
Spaß bei der Arbeit
Deswegen arbeitet Louisa auch sehr gerne hier. "Der Hauptpunkt ist Spaß", sagt sie. Außerdem findet sie, dass sie damit etwas bewirken und vor allem politisch aktiv sein kann. Viele Leute sagen, dass die Jugend heutzutage sehr unpolitisch ist. Louisa möchte das Gegenteil beweisen. Sie mag die Leute hier und die Stimmung sei super. Es gibt immer viele Aktionen, die die Jugendlichen machen und die Louisa zum Teil mitorganisiert hat – spaßige, politische, sportliche: Zeltlager im Sommer, CSDs, Sitzungen, Podiumsdiskussionen, Filmabende, gemeinsames Kochen, Wochenendaktionen, Sprayworkshops, Kinobesuche, Fußball, Klettern, Wasserski, …
Und natürlich arbeitet Louisa auch im PULS, weil sie selbst lesbisch ist. Alles hat damit begonnen, dass sie 2010 im Internet auf die Website von PULS gestoßen und spontan vorbeigekommen ist. Alles im Jugendzentrum hat ihr gefallen und ein halbes Jahr danach, wollte sie auch ehrenamtlich mithelfen. Ihre Arbeit besteht hauptsächlich aus der Internetarbeit für PULS. Sie vermarktet das Jugendzentrum, erzählt die Geschichte und möchte, dass möglichst viele darüber Bescheid wissen. "Louisa ist ein bisschen das Gesicht von PULS", fügt Jana hinzu. "Sie ist sehr offen und geht auf alle Leute zu." Deswegen gehört sie auch zum Thekenteam.
Von PULS überzeugt
Louisa kommt sicher und selbstbewusst rüber, man merkt ihr an, dass sie dahinter steht, was sie bei PULS tut und auch begeistert ist, was das Jugendzentrum schon alles geschafft hat und wie vielen es die nötige Unterstützung gibt.
Etwa 100 Jugendliche kommen regelmäßig vorbei. Es ist erstaunlich, wie viele Jugendliche sich getraut haben, ein Coming-out zu wagen und es mit so vielen anderen zu teilen. Louisa und Jana nicken und lächeln. Sie sind selbst fasziniert davon. Hier im PULS gibt es auch die Unterstützung bei Problemen mit Schulkameraden, Lehrern, Eltern oder Freunden. Im Laufe der Jahre ist ein großes Gemeinschaftsgefühl entstanden. Darauf ist Louisa ganz besonders stolz. Die Jugendlichen seien ganz unterschiedlich. Sie sind unterschiedlich alt, haben verschiedene Nationalitäten, Schulsysteme, Charaktere, …
Zusammenhalt und Gemeinschaft
Aber alle stehen zusammen. "Auch weil wir alles zusammen aufgebaut haben, sind wir quasi sowas wie eine richtige Familie", erzählt Louisa. Die Leiterin Jana gibt Beispiele für Ereignisse, wo dieses Gemeinschaftsgefühl ganz besonders stark war. Sie erzählt, sie hätten Silvester nochmal ein paar Tage zusammen im Zentrum gefeiert, mit allem, was dazu gehört und es wäre echt schön gewesen. Genauso die Karnevalsparty.
Trotzdem kennen sich nicht alle untereinander. Louisa hat die Idee, eine kleine Vorstellungsrunde zu machen. Sie ergreift die Initiative und fängt an, sich vorzustellen. Nachdem sich alle vorgestellt haben, fragt sie, ob die Besucher Hunger haben und schlägt vor, zu kochen. Zusammen mit ihrer Leiterin geht sie in die Küche, um Nudeln zu suchen. Sie leistet vollen Körpereinsatz und klettert auf die Küchenplatte, um an die Lebensmittelkisten auf dem Schrank zu kommen. Es gibt jedoch keine Nudeln mehr. Louisa findet aber schnell eine Lösung und bietet an, bei der Dönerbude um die Ecke etwas zu besorgen.
Ein Mädchen lehnt aber ab, weil sie kein Geld mit hat. Louisa antwortet darauf gespielt ärgerlich: "Ist doch egal. Kann ich dir vielleicht Geld leihen? Ja, kann ich", als wäre es selbstverständlich, dass Leute zu ihr kommen sollen, wenn sie Geld brauchen.
Hilfsbereitschaft und Geborgenheit
Hier merkt man sofort ihre Hilfsbereitschaft. Sie fängt an, eine Liste zu schreiben, was sie für wen mitbringen soll, fragt schließlich, wer mitkommen will, und verschwindet dann für eine Viertelstunde. Die Atmosphäre im Entspannungsbereich, wo es sich die Besucher gemütlich gemacht haben, ist sehr angenehm. Musik läuft, alle reden miteinander, es gibt viele Witze und viele lachen und auch wenn man ganz neu ist, fühlt man sich schon ein bisschen in die Gruppe integriert.
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