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Pankok-Gesamtschule lehnt Friedenspreis ab - Schüler sind verwirrt

18.06.2013

Die Bilker Hulda-Pankok-Schule soll den Aachener Friedenspreis für ihr Engagement gegen die Bundeswehr erhalten. Doch die Schulleiterin lehnt ab, einen Beschluss gegen die Bundeswehr habe es nie gegeben. Das Schulministerium will den Fall prüfen. Eigentlich ist Werbung an Schulen verboten. Produzenten von Kaugummi, Cola oder Schulheften müssen mit Plakaten und Werbeflyern draußen bleiben. "Werbung [...] ist grundsätzlich unzulässig", sagt dazu das NRW-Schulgesetz. Einzige Ausnahme: wenn das Schulministerium entscheidet, dass ein Unternehmen oder eine Organisation eben doch in den Schulen werben und informieren darf. Eine solche Ausnahmeregelung hat das NRW-Schulministerium erstmals 2008 beschlossen. Durch die Unterschrift unter einer Kooperationsvereinbarung mit der Bundeswehr erlaubte die damalige Schulministerin Barbara Sommer sogenannten Jungoffizieren, Schulen zu besuchen und über die Bundeswehr und ihre Aufgaben zu berichten. Auch sollte es den Soldaten zukünftig möglich sein, in die Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern mit einbezogen zu werden. Da die Bundeswehr und ihre militärischen Einsätze in Ländern wie Afghanistan oder dem Kosovo in der Gesellschaft sehr umstritten sind, regte sich schnell Protest gegen die Kooperationsvereinbarung. Soldaten dürften nicht das Recht bekommen, Schülerinnen und Schüler in der Schule aufzusuchen, um sie möglicherweise für die Armee zu rekrutieren, mahnten Kritiker. Um das zu verhindern beschlossen einige Schulen, der Bundeswehr den Zutritt zum Schulgelände zu verbieten. Erste Schule mit Bundeswehr-Verbot steht in Düsseldorf Die erste Schule, die diese Regelung in Deutschland umsetzte, war die Bilker Hulda-Pankok-Gesamtschule. 2010 beantragte die Schülervertretung der Schule den Ausschluss der Bundeswehr aus dem Unterricht. Robin Cramer, heute Student, saß damals als Schülervertreter in der Schulkonferenz: "Wir wollten unbedingt verhindern, dass die Bundeswehr an unsere Schule kommt. Wir brauchen keine Soldaten im Unterricht, dafür haben wir gut ausgebildete Lehrer." Der heute 21-Jährige stellte im Oktober 2010 den Antrag an die Schulkonferenz, der Antrag wurde einstimmig angenommen. Nun soll die Gesamtschule für diesen Beschluss gemeinsam mit zwei weiteren Schulen aus Offenbach und Berlin mit dem Aachener Friedenspreis ausgezeichnet werden. Dieser Preis wird seit 1988 an Menschen und Organisationen verliehen, die sich um Verständigung der Völker und Menschen untereinander und um die Schaffung von Frieden bemühen. Die Auszeichnung ist mit 2000 Euro dotiert. Anfangs war die Freude groß. Im Mai, kurz nach der Bekanntgabe der Verleihung, sagte Schulleiterin Alexandra Haußmann im WDR: "Den Schülern und Lehrern muss ich das heute erst mal alles mitteilen. Die werden sich ebenso freuen und das bietet doch mal Anlass, im Unterricht über bestimmte Dinge zu sprechen." Doch dann die Überraschung: In der vergangenen Woche schrieb Haußmann einen offenen Brief an den Aachener Friedenspreis e. V., in dem sie die Annahme des Preises ablehnt. Als Begründung führt sie an, dass es einen Beschluss der Schulkonferenz nie gegeben habe. Die Umstände des Preises würden "weder tatsächlich noch rechtlich zutreffen". "Einen solchen Vorgang hat es in der Geschichte des Preises noch nie gegeben", sagt Gerhard Diefenbach, ein Sprecher des Vereins. "Das ist in 25 Jahren Aachener Friedenspreis das erste Mal, dass der Preis nicht angenommen wird." Schulministerium will Beschluss prüfen Doch die Gründe für die Preisablehnung sind verwirrend. Während Schulleiterin Haußmann in ihrem offenen Brief an den Friedenspreis-Verein noch vor einer Woche behauptete, den Konferenzbeschluss habe es nie gegeben, erklärte sie in jüngeren Interviews, dass der Beschluss zwar 2010 zustande kam, sich allerdings auf eine veraltete Kooperationsvereinbarung bezog, da diese im letzten Jahr von der rot-grünen Landesregierung aktualisiert worden war. Mitglieder der Schülervertretung hingegen erklären, die Schulleitung hätte verdeutlicht, dass sich der Beschluss lediglich auf eine Berufsmesse bezog. Viele verwirrende und sich teils widersprechende Begründungen. Auf mehrmalige Nachfragen und Bitten um ein Interview in der vergangenen und in dieser Woche reagierte Haußmann nicht. Stattdessen verwies sie in einer E-Mail darauf, dass sie zurzeit mitten in "den sogenannten Schuljahresabschlussarbeiten" stecke und deshalb keine Fragen beantworten könne. Weiterhin beharrt sie in einem WDR-Interview vergangene Woche auf der Begründung, dass der Beschluss der Schulkonferenz mit der Veränderung der Kooperationsvereinbarung seine Gültigkeit verliere. Barbara Löcherbach, Pressesprecherin des NRW-Schulministeriums, kann dieser Aussage nicht direkt zustimmen: "Es ist durchaus möglich, dass der Beschluss von 2010 noch gültig ist. Wir werden den Beschluss der Schulkonferenz rechtlich überprüfen lassen", verspricht Löcherbach. Verschwundene Dokumente Probleme mit der Schulleitung der Hulda-Pankok-Gesamtschule seien laut Robin Cramer nicht neu. Zwar war Alexandra Haußmann 2010 noch nicht Schulleiterin der Schule, Unterlagen seien aber bereits damals verschwunden: "Als wir den Beschluss gegen die Bundeswehr fassen wollten, verschwand unser Antrag an die Schulkonferenz immer wieder. Als die Schulleitung uns zum dritten Mal erklärte, sie könne den Antrag nicht mehr finden, haben wir sie vor die Wahl gestellt: Entweder sie sucht noch einmal oder wir verlassen die Schulkonferenz". Der Antrag sei plötzlich wieder aufgetaucht und wurde einstimmig beschlossen. Doch wie soll es nun weiter gehen? Der Aachener Friedenspreis e. V. bot der Schulleitung Ende vergangener Woche ein klärendes Gespräch an. "Wir würden uns wünschen, dass Frau Haußmann zumindest erneut eine Schulkonferenz darüber entscheiden lässt, ob die Schule den Preis annehmen oder ablehnen soll", erklärt Gerhard Diefenbach vom Aachener Friedenspreis. "So sei zumindest ein demokratisches Verfahren gewährleistet." Aktuell handele es sich bei der Ablehnung des Preises um eine "Einzelmeinung der Rektorin". Die kommentierte den Vorschlag in einem Interview mit dem WDR so: "Wir sind in der Schulleitung sechs Personen. Wir sind alle dagegen, das ist jetzt einfach so". Auch mit Eltern und Schülern habe sie "kommuniziert", Belege dafür liefert sie aber nicht. "Dass die Schulleitung ohne einen neuen Beschluss der Schulkonferenz, dem höchsten Gremium der Schule, einfach den Friedenspreis ablehnt, ist problematisch", findet auch Robin Cramer. Der Student hofft nun auf das Ergebnis der Untersuchung des Ministeriums: "Ich bin gespannt, was die rechtliche Untersuchung unseres Beschlusses ergeben wird. Sollte der Beschluss tatsächlich noch gültig sein, wird es für Frau Haußmann äußerst schwierig, den Preis weiterhin abzulehnen", so Cramer. Das letzte Wort im Fall um die Ablehnung des Friedenspreises ist also noch nicht gesprochen. Schüler und Friedenspreis-Verein warten gespannt auf die Antwort des Ministeriums. Doch eines ist bereits jetzt klar: Schulleitung und Friedenspreis werden die Posse nicht unbeschadet überstehen.

von Kai-Inboden

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