Viele Jahre Bauzeit, ein Bürgerbegehren und ein vermeintlicher Brandanschlag: Die Geschichte des Kö-Bogens ist lang und voller Hürden. Am Donnerstag wurde der erste Abschnitt eröffnet. Doch das neue Stadtgefühl lässt auf sich warten.
Es ist kurz vor 12 Uhr, als Düsseldorfs Oberbürgermeister Dirk Elbers sich den Weg durch die Menge bahnt. Einige hundert Menschen waren zum Edelkaufhaus Breuninger geströmt, das am Donnerstag stellvertretend für den gesamten Kö-Bogen feierlich eröffnet wurde. Fast symbolisch für die vielen Hindernisse, die er und sein Vorgänger Joachim Erwin überwinden mussten, stolpert Elbers über das Absperrband. Nachdem er sich wieder gefangen hatte, schreitet er zum magischen Moment, der ein kleines Stück Düsseldorfer Geschichte beschreibt: Gemeinsam mit Star-Architekt Daniel Libeskind, der die neuen Bauten am Jan-Wellem-Platz entworfen hatte, Stefan Mühlig, dem Leiter des Bauprojektes, und Willy Oergel, dem Vorsitzenden der Breuninger-Gruppe, zerschneidet Elbers das dunkelrote Samtband und eröffnet somit eines der umstrittensten Düsseldorfer Bauprojekte und die wohl tiefgreifendste Veränderung der Innenstadt der vergangenen Jahre.
Der Kö-Bogen hat schon heute eine lange und ereignisreiche Geschichte: ein zähes Hin und Her über die zukünftigen Bewohner der Luxusbauten, ein gescheitertes Bürgerbegehren gegen den Verkauf der städtischen Flächen am Jan-Wellem-Platz, der Abriss des Tausendfüßlers, Kostenexplosionen beim U-Bahn-Bau und ein vermeintlicher Brandanschlag auf den Westflügel des Gebäudes vor gerade einmal drei Wochen. Doch selbst wer sich für all diese Ereignisse nicht interessiert, kommt nicht umhin zu bemerken, dass der Bau des Kö-Bogens nicht viel weniger ist, als eine der größten Veränderungen der Stadtstruktur in Düsseldorfs jüngerer Geschichte.
Viel Lärm und ein halber Rohbau
Donnerstag war es dann soweit, die Baustelle wurde für die Bevölkerung freigegeben. Und jetzt? Wie fühlt sie sich an, die neue Düsseldorfer Innenstadt? Vor allem laut. Denn fertig ist der Kö-Bogen noch lange nicht. Während vom Jan-Wellem-Platz die Menschen in das erste neu eröffnete Geschäft strömen, befindet man sich am Hinterausgang Richtung Hofgarten noch mitten auf einer Baustelle. Da stehen Bauarbeiter mit gelben Westen und weißen Helmen herum und trinken Kaffee, rollen Rollrasen auf die neu gestaltete Promenade oder schieben dampfenden Teer über die Erweiterung des Hofgartengrabens.
Eine kleine Brücke führt nun von den belebten Geschäftsstraßen zum ruhigen Innenstadtparadies des Hofgartens. Genießen lässt sich dieses Idyll allerdings nicht. Lautes Hämmern, brummende Motoren und das Knallen fallender Metallrohre zerstören die ruhige Herbststimmung. Die Auswirkungen des Brandes vor drei Wochen sind zwar nicht mehr zu erkennen, bestückt sind die Geschäfte im westlichen Gebäudeteil aber auch nicht. Abdeckplane flattert an großen Teilen des Gebäudes, im Hintergrund lächelt das Düsseldorfer :D-Smiley herüber. Der Gesamtkomplex mit Geschäftsräumen und Hofgartenpromenade wirkt unfertig, als hätte Elbers hier einen halben Rohbau eröffnet.
Ob das Gebäude in die Stadt passt oder nicht, ist schwer zu sagen. Die modernen Glasbauten wirken - im Gegensatz zur Hofgartenbrücke - nicht so kühl wie erwartet. Doch das Gefühl, dass die geschwungenen Klötze ab jetzt an diese Stelle gehören, mag sich trotzdem nicht einstellen. "Die braunen Dinger sind ziemlich hässlich", findet die 13-jährige Michelle und meint damit die Libeskind-Bauten. Die Schülerin hätte sich schönere Gebäude gewünscht.
Unbezahlbares bei Breuninger
"Das ist für alle Generationen jetzt eine neue Situation in der Stadt", erklärt Oberbürgermeister Elbers im Gespräch mit youpod. "Da wo früher die Bahn hielt, ist jetzt eine qualitativ hochwertige Aufenthaltsfläche. Auch Jugendliche können hier herkommen, das genießen und nebenbei auch noch shoppen."
Dass die Jugendlichen beim gerade eröffneten Breuninger-Kaufhaus shoppen gehen werden, ist allerdings eher unwahrscheinlich. "Jacke - 899 €" heißt es auf einem Schild in der Damenabteilung. Ein paar Stände weiter hängt ein Felljäckchen für schlappe 1149,99 Euro. "Da gucke ich mir die Sachen nur an und kaufe die dann bei H&M, das ist billiger", findet Michelle.
Anders als Michelle sieht Lea die Kö-Bogen-Bauten. Sie findet die neuen Gebäude gar nicht so schlecht: "Die neuen Kaufhäuser sind eine optische Verschönerung für die Stadt. Und die Läden bieten eine größere Auswahl". Die Schülerin würde sogar den Durchgang zum Hofgarten nutzen: "Ich kann mir gut vorstellen, da mit Freunden mal hinzugehen. Alleine würde ich da aber nicht lang laufen", sagt die Zwölfjährige.
Vielleicht muss man dem Gesamtkomplet die Chance geben, sich zu entwickeln. Die Promenade mit ihren Sitzgelegenheiten und dem verlängerten Arm der Düssel könnte im kommenden Sommer ohne die störenden Baustellen noch ihren eigenen Charme entwickeln. Ob die Libeskind-Bauten aber eines Tages fest zum gefühlten Stadtbild gehören, ist noch schwer vorzustellen. Heute zumindest sind sie eher ein Fremdkörper im Rohzustand, umgeben von Baulärm.
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