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Der andere Stadtrundgang – Ein Besuch bei fiftyfifty

24.07.2014

Graffiti, Notschlafstellen und Drogenhilfe – die DGB-Jugend machte einen ganz anderen Stadtrundgang durch Düsseldorf mit. Zwei fiftyfifty-Mitarbeiter zeigten die Anlaufstellen für Obdachlose in der Stadt. Zum Juni-Stammtisch versammelte sich die DGB-Jugend nicht wie gewohnt im Café Ohm, sondern davor. Gemeinsam zogen wir zu der Zentrale des Verlags der Obdachlosenzeitung fiftyfifty an der Ellerstraße hinterm Bahnhof. Unsere Stadtführer und ein junger Sozialarbeiter hießen uns gleich willkommen. Johannes beantwortete uns Fragen über die Finanzierung: Ja, die Zeitung finanziere sich von alleine, nein, Abos gebe es nicht, denn das würde den Verkäufern nicht zugutekommen. Unsere Stadtführer wurden schon ungeduldig. Markus, 40 Jahre, und Jimmy, 47 Jahre, entsprechen dem Äußeren nach nicht unbedingt dem Stereotypen Obdachloser. Markus schien mir Pragmatiker zu sein. Die Weste, die er trug, wies jedenfalls unglaublich viele Taschen auf und auch die Turnschuhe sahen sehr bequem aus. Bequem müssen sie auch sein, denn wie er uns später berichtet, liegt sein Schlafplatz, "seine Platte", etwa 1,5 Stunden außerhalb von Düsseldorf. Liebevoll erzählte er von der Autobahnbrücke, hier würde er nicht ausgeraubt, nicht überfallen und es gäbe viel Platz für Übernachtungsgäste. Jimmy hingegen sah wie ein Rocker aus. In Lederweste und mit den Cowboystiefeln wirkte er hartgesotten. Stolz ist er, dass er nicht mehr obdachlos ist und einen Job hat. Wir zogen los. Der erste Halt war an der Eisenstraße. Jimmy zeigte auf ein unscheinbares Gebäude, die ehemalige Eisenwache wurde in ein städtisches Übergangswohnheim umgebaut, eins von zweien. Aufgrund von Überfüllung des Frauenhauses ist dieses einst reine Männerwohnheim nun gemischt. Die Wartezeit auf einen Wohnheimplatz ist mit bis zu drei Monaten lang. Das Wohnheim ist so beliebt, obwohl es verboten ist, Tiere zu halten, und somit viele ihre tierischen Begleiter nicht mitnehmen können. Rechtsanwalt für Obdachlose Keine 200 Meter hielten wir erneut. Dr. Felkl, so weiß Markus, ist ein guter Rechtsanwalt. Er sitzt im Rollstuhl und setzt sich ehrenamtlich mit seinem Wissen für Obdach- und Arbeitslose ein. Und das ist auch dringend nötig, denn anecken ist leicht. Ganz besonders streng sei die Rheinbahn. Nach dreimal Schwarzfahren winkt das Gefängnis. Markus und Jimmy wiesen uns bei der DB-Brücke auf die Graffiti hin. Das sei mal illegal gewesen, bis die Künstler Klaus Klinger und die Majo Brothers die Bilder an der Wand der Stadt geschenkt hätten. Die unter farbfieber bekannten Künstler sind Sponsoren von fiftyfifty, genauso wie der international bekannte Künstler Gerhard Richter. Hinter der Brücke erreichten wir den Mintropplatz. Hier befindet sich einer der wichtigsten Punkte für Obdachlose: eine Tagesaufenthaltsstätte, das Café Pur der Diakonie. Kostenlos duschen, Wäsche waschen, sich rasieren, den Arzt aufsuchen, all das ist hier möglich. Gleich darüber befindet sich eine Notschlafstelle. Strenge Regeln halten viele Obdachlose jedoch davon ab, diese aufzusuchen. Wie gut, dass es so eine Einrichtung wie den Gute-Nacht-Bus gibt. Mit einem Kopfnicken zeigte Jimmy auf die gegenüberliegende Straßenseite: "Da wird das Methadonprogramm für Heroinabhängige angeboten." Hilfe für Frauen Der nächste Stopp galt dem Leihhaus an der Harkortstraße. "Die zweite Bank", sagt Markus und erläutert, dass man gerade mal ein Drittel des Wertes erhält. Auch erwähnte er, dass in der Nähe befindliche Jobcenter Mitte. Dieses ist für alle Obdachlosen in Düsseldorf Ansprechpartner. Wir liefen durch die Charlottenstraße. "Babystrich", murmelt Markus. Doch das sei zum Glück Vergangenheit, jetzt, da es den Knackpunkt (ein Frauenhaus) und den Kompass (eine Anlaufstelle für Angehörige) gebe. Wir gingen an einem Mobil der Drogenhilfe vorbei, bei dem man alte Spritzen gegen frische tauschen kann, aber auch einen heißen Kaffee oder ein offenes Ohr bekommt. Streetworker sind in der Szene gerne gesehen, betonten Markus und Jimmy. Wir erreichten die Johanneskirche und brachen damit ein neues Thema an. Hier sei mal ein beliebtes Schlafgebiet gewesen. Mit dem Abriss des Tausendfüßlers sei es zum Platzverbot gekommen. Auch gegenüber der Konditorei Heinemann habe man sich gerne getroffen, bis es dem Geschäft wohl zu bunt wurde. Zwischen Kneipe und Kultur Wir endeten mit unserer Tour am Grabbeplatz. In der Nähe befindet sich das Shelter, eine Tagesaufenthaltsstätte mit Kneipenatmosphäre. Hier dürfen die Gäste sogar drinnen rauchen, denn ein eigenes Wohnzimmer haben die meisten nicht. Bei dem Programm wirkt das Shelter eher wie eine Kulturstätte. Es werden Filmnächte und Museumsbesuche angeboten. Markus' Augen leuchteten bei der Beschreibung. Der Abschied erfolgte wie bei alten Freunden. Wohlgefühlt haben wir uns mit Markus und Jimmy. Und es bleibt nur noch zu sagen, dass der Stadtrundgang für alle Interessierten sehr zu empfehlen ist. Stadtführung buchen unter www.strassenleben.org Autorin: Sabrina Wald

von DGBJugendDüsseldorf

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