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"Red Bull hat mir mein Herz gebrochen"

26.09.2014

Mit RB Leipzig spielt am Sonntag ein Verein gegen die Fortuna, der bei Fans unbeliebt ist. Red Bull gründete ihn. In Österreich übernahm der Getränkehersteller gar Austria Salzburg, änderte Namen und Farben. Die Fans gründeten daraufhin ihren eigenen Verein. youpod lässt einen Austria-Fan zu Wort kommen. Ines ist 29 Jahre alt und geht zu Austria Salzburg, seit sie sieben Jahre alt war. Als Red Bull kam, starb diese Liebe. Doch mit dem Engagement der Fans und der Neugründung von SV Austria Salzburg wurde sie neu entfacht. In Deutschland durfte Red Bull seinem Verein nicht den eigenen Namen geben. Das RB in RasenBallsport Leipzig weist aber darauf hin. Das Vereinswappen ähnelt dem Logo des Unternehmens, die Farben auch. Diese Entwicklung beobachtet Ines aus Österreich ganz genau. youpod: Was denkst du, wenn du Red Bull hörst? Ines: Ich denke an die Traurigkeit, die ich im Sommer 2005 empfunden habe, als ich das letzte Mal im Stadion Klessheim war. Zu diesem Zeitpunkt waren die Würfel schon längst gefallen, die Farben ausgetauscht, das Stadion in eine Großraumdisco verwandelt und vor meiner Nase sprangen Red-Bull-Animateur*innen herum, die die neuen "Fans" motivieren sollten, eine Marke zu supporten. Zu diesem Zeitpunkt war ich seit über zehn Jahren Fan von Austria Salzburg, aber nachdem Red Bull die Bühne im Salzburger Fußball betrat, war meine Leidenschaft wie ausgelöscht. Durch Austria Salzburg habe ich mich als Siebenjährige in den Fußball verliebt – Red Bull hat mir als 20-Jährige mein Herz gebrochen. Es fühlte sich so an wie Liebeskummer, aber irgendwie noch viel schlimmer, da ein Großteil meiner Kindheit violett-weiß war und ich so viele wunderbare Erinnerungen damit verbinde. Zum Glück kann Red Bull meine Erinnerungen nicht kaufen und vermarkten. Und zum Glück gab es sehr viele Menschen, die so oder so ähnlich empfunden haben und die Austria wieder zum Leben erweckten! Was bedeutet dir die neue Austria Salzburg? Enorm viel, eh klar. Für mich steht Austria Salzburg für eine Metapher, dass man nie aufgeben soll und für Sachen und Emotionen, die einem viel bedeuten, kämpfen, sich vernetzen und engagieren soll. Ich habe die Neugründung leider nur aus der Ferne erlebt und kann mich nur bei all jenen bedanken, die es möglich gemacht haben, dass ich wieder als Fan und nicht als Konsumentin ins Stadion gehen kann. Ich bin immer nervös, wenn ich nach Maxglan fahre und meine Austria Salzburg spielen sehe, die Ultras supporten höre und die Leute von früher wiedersehe. Es ist die gleiche Leidenschaft, vielleicht sogar noch emotionaler, weil es alle zu schätzen wissen und es keine Selbstverständlichkeit ist, dass die Austria (wieder) lebt. Was für schöne und schreckliche Erlebnisse hattest du mit Austria? Sportlich am erfolgreichsten war sicher die Saison 1993/94: Der erste Meistertitel könnte nach Salzburg geholt werden und der Einzug ins Uefa-Cup-Finale gegen Inter Mailand gelang. Diese Zeit war natürlich wunderbar, nachdem ich jedoch kein "Schön-Wetter-Fan" bin, sind bzw. waren die schönen und schlimmen Momente meistens auch sehr eng mit dem Drumherum verknüpft und nicht "nur" an die 90 Minuten gebunden. Ja, ich glaube, mein schlimmstes Erlebnis war 2005, als die Fankurve mehr oder weniger geschlossen das Stadion Klessheim verließ. Nachdem die Gespräche mit der neuen Geschäftsführung und den Fanvertreter_innen endgültig scheiterten. Die Fans sahen sich gezwungen Red Bull den Rücken zu kehren. Es war ein schrecklicher Augenblick, als die Stehplatztribüne sich nach und nach leerte und die Zuschauer auf den Sitzplätzen lauthals skandierten "Red Bull". Zu diesem Zeitpunkt war ganz offensichtlich, dass ist nicht mehr "meine" Austria. Mein Papa stand damals neben mir und er fühlte das gleiche wie ich. Für uns beide war an diesen Tag "unsere" Austria "gestorben". Einige Jahre später sitzen mein Papa und ich gemeinsam in Maxglan auf der Terrasse, trinken Bier und sehen den Salzburgern beim Aufwärmen zu und als mein Papa schließlich sagt: "Das hätten wir uns damals nie gedacht, dass wir 'unsere' Austria wieder spielen sehen werden, es ist so schön", kommen mir fast die Tränen, diesmal aber Tränen der Freude. Ja, ich glaube, das war für mich einer der schönsten Augenblicke, weil sich alles wieder so angefühlt hat, bevor Red Bull Austria Salzburg zerstört hat. Verfolgst du die Entwicklung rund um RB Leipzig? Ja klar verfolge ich die Ereignisse. Mittlerweile beschäftige ich mich aber weniger mit Red Bull, sondern lieber mit Austria Salzburg und generell mit Fanvereinen. Ich glaube, dass Red Bull gemerkt hat, dass es für eine österreichische Mannschaft nahezu nicht möglich ist, international mitzuspielen, egal wie viele Millionen nach Salzburg fließen, da die österreichische Liga im Vergleich zur deutschen Bundesliga spielerisch und zuschauertechnisch schlechter aufgestellt ist. Daher wurde auch ein Verein in Deutschland gegründet. Nachdem die Übernahme in Salzburg so viel Widerstand ausgelöst hat, haben sie in Deutschland einfach gleich einen Verein bzw. eine Firma aus dem Boden gestampft, um möglichen Fanprotesten präventiv entgegen zu wirken. Sobald RB Leipzig in der ersten Liga spielt, wird Salzburg nur noch als Ausbildungsverein fungieren. Red Bull kann im deutschen Fußball viel mehr Geld lukrieren als im österreichischen Fußball, daher wird der Fokus in Zukunft meiner Meinung nach auf RB Leipzig liegen. Langfristig will Red Bull sicher regelmäßig mit RB Leipzig in der Champions League spielen und Deutscher Meister werden. Das Geld wird Red Bull in nächster Zeit bestimmt nicht ausgehen. Was rätst du den deutschen Fußballfans? Meiner Meinung nach ist es wichtig, als Fan oder Fankurve eine Stimme im Verein zu haben, den Vorstandsmitgliedern klar zu machen, dass Fans nicht nur die Folklore im Stadion sind, sondern gleichberechtigte Partner_innen darstellen. Sie sollten die Farben etc. in den Vereinsstatuten verankern, damit nicht irgendein Sponsor/Investor kommen kann und alles austauscht und verändert. Ich glaube, dass Fans im Vorfeld schon Maßnahmen ergreifen können, damit solche Dinge nicht ohne weiteres passieren können. Ich glaube, um mehr Mitbestimmung kämpfen, ist nie verkehrt, egal ob im Fußball oder generell. Ich denke, es ist besser auf den eigenen Verein zu achten und dort Möglichkeiten für mehr Partizipation zu schaffen, als sich ständig an Red Bull zu reiben. Wir Fans wissen ja, dass Red Bull nichts Gutes für den Fußball bedeutet. Dies soll jedoch nicht bedeuten, dass ich Aktionen gegen Red Bull nicht begrüße. Für mich sollten Aktionen aber nicht unter der Gürtellinie und beleidigend sein, sondern viel lieber kreativ und ironisch verpackt. Ganz besonders würde mir gefallen, wenn beispielsweise Fangruppen, die die Auswärtsfahrt zu RB Leipzig boykottieren, das Geld, das sie eigentlich für die Auswärtsfahrt ausgegeben hätten oder zumindest einen Teil davon, an Fanvereine wie zum Beispiel Austria Salzburg spenden. ;)

von jt

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