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Bewegendes Zeitzeugengespräch mit einem Auschwitz-Überlebenden

03.02.2015

  • DSC02709.jpg - Bewegendes Zeitzeugengespräch mit einem Auschwitz-Überlebenden - Lena Sauermann

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Tadeusz Smreczynski hat das Grauen überlebt. Er war ein politischer Gefangener im Konzentrations- und Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau. Mit uns, einer Schülergruppe aus Düsseldorf, hat er in der Gedenkstätte über diese Zeit gesprochen und darüber, warum er die Hoffnung nie aufgegeben hat. Die Ankunft Auch 70 Jahre nach der Befreiung durch die rote Armee sind die Erinnerungen an seine Zeit in Auschwitz-Birkenau noch so präsent, als wäre es erst gestern passiert. Ende des Jahres 1943 wurde Tadeusz Smreczynski von der Gestapo ins Gefängnis von Myslowice inhaftiert, weil er wie sein Vater im Widerstand war. Im Mai 1944 verlagerte man ihn nach Auschwitz. Mehrere Tage in einem Zug eingepfercht, um ihn herum Kinder, Frauen, Männer – alle verängstigt und in ihren eigenen Fäkalien stehend. Angekommen war er auf einem Bahnsteig. Er sollte seinen Koffer wegstellen und zu den anderen gehen. Dort warteten sie Stunden in zwei Schlangen. Am Anfang jeder Schlange stand ein Arzt. Dieser entschied über Leben oder Tod – rechts oder links. Smreczynski erzählte uns, dass er heute vermutet, dass er durch seine Stärke und seine gute gesundheitliche Verfassung überlebt hat – und durch eine Menge Glück. Er wurde nach rechts geschickt. Zum Arbeiten. Zum Leben. Die Hoffnung stirbt zuletzt Er arbeitete einige Monate unter unmenschlichen Bedingungen in verschiedenen Baukommandos. Mit viel zu langen Arbeitszeiten und zu wenig Nahrung. Trotzdem hat er die Hoffnung nie aufgegeben. "Die Hoffnung stirbt zuletzt", diesen Satz wiederholte er während des Gespräches sehr häufig. Dieser Satz war zu seinem Leitsatz und Lebensmotto geworden. Trotz all der Trauer und den grausamen Dinge, die ihm zugestoßen sind, hat er die Hoffnung nie aufgegeben. Seine Hoffnung an eine Zukunft, aber auch an sich selbst, hat viele von uns zu Tränen gerührt. Dort saß ein Mann, der in seinem Leben mehr Gewalt, Trauer und Verzweiflung erfahren musste, als wir sie hoffentlich jemals erleben werden. Trotzdem ist er so stark und hoffnungsvoll. Dies hat viele Schüler von uns überrascht und überwältigt. Gerettet? Auch unternahm er mehrere Fluchtversuche, doch meistens sind sie gescheitert. Einmal, so erzählte er, hat er es geschafft. Seine Mutter hat ihm damals dabei geholfen. Sie hatte Geld versteckt und es dem Wachposten gegeben, damit er für ein paar Minuten nicht hinsah. Dann sagte sie zu ihrem Sohn: "Lauf! Bleib nicht stehen. Sieh nicht zurück. Geh zu deinem Onkel und er versteckt dich. Jetzt lauf!" Damals sah er seine Mutter zum letzten Mal. Er rannte so schnell er konnte. Irgendwann blieb er stehen. Lauschte. Nichts. Er rannte weiter, fand eine Straße und lief zur nächsten Stadt. Dort kaufte er sich ein Ticket zu seinem Onkel. Im Zug sagte er, dass er einen Verwandten besuche. Niemand frage weiter nach. Vor der Tür des Onkels angekommen, klopfte er leise. Sein Onkel öffnete, zog ihn schnell in die Wohnung und schloss wieder die Tür. Smreczynski dachte, er wäre gerettet. Er dachte, dass Grauen hätte endlich ein Ende. Aber schon nach kurzer Zeit wurde er von einem angeblichen Freund verraten und wieder abgeholt. Es ging weiter. Als er dann von der roten Armee befreit wurde, war er erstmal skeptisch. Seine Zukunft war ungewiss und er wusste nicht, was die rote Armee mit ihm macht. Doch der Krieg war vorbei und er beschloss zurück nach Polen zu gehen und Medizin zu studieren. Er wollte, dass kein Mensch je wieder so leiden muss und so viel Unheil erfahren muss. Kleine Fragerunde Am Ende des Gesprächs durften wir Tadeusz Smreczynski noch Fragen stellen, die er gerne und ehrlich beantwortete. So erfuhren wir, dass er aus seinem Abschlussjahrgang der einzige Überlebende ist und dass er die Erlebnisse immer noch nicht richtig verarbeitet hat. Oft hat er Tagträume davon. Auch erzählte er uns, dass er den Nationalsozialisten nicht verzeihen könne und nicht das Bedürfnis hat, einen von ihnen zu treffen. Als wir nach seiner Nummer fragten, die jedem Gefangenen in Auschwitz eintätowiert wurde, sagte er uns, dass er sie sich rausoperiert hat in der Hoffnung, so die Vergangenheit vergessen zu können. Dies gelang ihm allerdings nicht. Aber er hatte einen wichtigen Tipp für uns: Niemand darf diskriminiert werden. Der schönste Moment in seinem Leben - Tränen bei Lehrern Ganz am Ende, viele Schüler waren aufgelöst, hat er zu uns gesagt, dass das Gespräch mit uns der schönste Moment in seinem Leben sei. Nach diesem Satz sind sogar bei unseren Lehrern einige Tränchen gekullert. Unser Mitgefühl und unsere Tränen bedeuteten ihm so viel. Es hat sich gut angefühlt, dass auch wir ihm etwas geben konnten, dass er wahrscheinlich nie wieder vergessen wird. Sein ganzes Leben war voller Trauer und vielleicht haben auch wir ihm geholfen, ein Stück weit mit dieser Trauer umzugehen. Und so entwickelte sich aus einem normalen Zeitzeugengespräch eine Zeit, die niemand je mehr vergessen wird, und wir alle werden dafür sorgen, dass so etwas Schlimmes nie wieder passiert.

von LenaSauermann

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