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Darf ich mit meinem Rollstuhl in Ihren Drive-in? Ein Selbsttest

03.09.2015

Ich bin nur wenige Stunden an meinen Rollstuhl gebunden. Aber im Nachhinein hätte es nicht länger sein dürfen. Ich mache einen Selbsttest: Perspektivwechsel– ein Tag im Rollstuhl durch Düsseldorf. Ich habe neben aufdringlichen und mitleidigen Blicken mit einer nur angeblich behindertengerechten Stadt zu tun. Mit "Düsseldorf geht auch im Sitzen" bewirbt die Stadt ihr angebliches Bemühen, ihren Mitbürgern mit Behinderung einen vereinfachten Alltag zu gestalten. In der Theorie klingt es gut, in der Praxis hingegen mangelt es an Umsetzung. Statt dem angepriesenen barrierefreien Nahverkehr, erlebe ich in meinem Perspektivwechsel, wie unmöglich es ist, die U-Bahnstufen zu erklimmen. Ich brauche Hilfe, um die Steigung des Gehwegs zu überwinden, die mich eigentlich zu den Aufzügen zu den Bahngleisen am Hauptbahnhof bringen soll. Abenteuer U-Bahn mit Rollstuhl Zusammen mit meinen Begleitern erheitert es uns zu sehen, wie ich mit den absurdesten Situationen zu kämpfen habe. Als alteingesessener Düsseldorfer ist es ungewohnt, die Stadt von unten wahrzunehmen. Anstatt nur genervt zu sein, weil wieder einmal alle meinen, in die gleiche Tür der U-Bahn steigen zu müssen, legen wir Sprints über den Bahnsteig hinweg ein, um die Tür mit der Aufschrift "Rollstuhl" zu erreichen. Außer Puste gelingt es uns schließlich, mich doch den scheinbar behindertengerechten Einstieg hinaufzuhieven. Beachtet man die Trittstufe nicht, kann man durchaus von einem behindertengerechten Aufgang sprechen. Andere Hürden, die es zu überwinden galt, waren: zu enge Aufzüge, aus denen man mehrfach ein- und aussteigen, hinauf- und herunterfahren muss, um schließlich neben faulem Fußgänger, Kinderwagen und Co. Das Gleis zu erreichen. Auch Banalitäten fallen uns auf. So finden wir, parallel zum Aufzug einen Aufgang, der sich als gefährlich entpuppt. Spätestens nach meiner Fahrt hinunter wird mir klar, warum er für Menschen gemacht ist, deren Hals möglicherweise bereits gebrochen ist. Viele Blicke, wenig Hilfe Die Peinlichkeit ist schlimmer als die Unbeweglichkeit. Bemüht man sich als Fußgänger noch, keinen Behinderten offensichtlich anzusehen, ihm einen netten, aber nicht mitleidigen Blick zuzuwerfen, erliege ich als Betroffener jedem Blick. Meine Begleiter erzählen mir später, sie seien überrascht, wie wenig ich beguckt wurde. Schaulustige finden sich überall. Als ich beim eigenständig versuchten Ausstieg aus der Bahn falle, entgeht es keinem, jedoch finden sich keine Helfer. Schnell genug bin ich wieder lauthals lachend auf den Rollen – mitfühlende und -leidende Blicke entgehen mir nicht. Wir stellen uns Situationen vor, in denen wir durch den heimischen Drive-in bei McDonalds fahren müssen, da wir den Bordstein vor der Tür nicht umgehen können. Ein anderer Rollstuhlfahrer zeigt sich hilfsbereit. Er gewährt mir höflich den Ausstieg. Später zeigt er mir, wie ich die Rolltreppen in dem Rollstuhl benutzen kann. Zwar überwinde ich den letzten Aufgang nicht so spielend wie er und lasse eine kleine Menschenmasse hinter mir auflaufen, aber schließlich wird mir durch ihn klar: Es geht auch anders. Was ich gelernt habe Gehbehindert? Ja. Aber die Einschränkung besteht nicht darin, nicht gehen zu können, sondern darin in seiner Umgebung wenig klarzukommen. Man braucht Unterstützung, aber die Wenigsten helfen. Und nicht nur die Hilfe fehlt, auch die Überwindung der Scham, sie anzunehmen. Sucht man Hilfe bietet sie gerade keiner an, will oder braucht man sie gerade nicht, fühlt man sich davon gestört. Autor: Jan

von youpod

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