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Weltzustand Davos – Der letzte Teil von Rimini Protokolls Serie "Staat 1-4"

15.02.2019

Wenn man Sie vor 100 Jahren gefragt hätte, was Ihnen zu Davos einfällt, was hätten Sie gesagt? Tuberkulose! Und wenn man Sie heute fragen würde? Dann würden Sie sagen das WEF, ganz genau!

Weltzustand Davos (Staat 4) heißt der vierte Teil der Produktionsserie Staat 1-4 von Rimini Protokoll, der gemeinsam mit dem Schauspielhaus Zürich entstanden ist. Nach Top Secret International (Staat 1), Gesellschaftsmodell Großbaustelle (Staat 2) und Träumende Kollektive, Tastende Schafe (Staat 3) ist Weltzustand Davos (Staat 4) der letzte Teil der Tetralogie, die sich mit den Phänomenen der Postdemokratie auseinandersetzen. In Kooperation zwischen Haus der Kulturen der Welt, Münchner Kammerspiele, Düsseldorfer Schauspielhaus, Staatsschauspiel Dresden, Schauspielhaus Zürich und Rimini Protokoll sind diese interaktive Inszenierungen an vier großen deutschsprachigen Theaterhäusern entstanden. Staat 4 beschäftigt sich mit dem Weltwirtschaftsforum (kurz: WEF) in Davos, wo jährlich einflussreiche Vertreter*innen aus Politik und Wirtschaft zusammenkommen. Die Produktion feierte am 12. Januar 2018 in Zürich Premiere und war nun zweimal (15./16. Februar) als Gastspiel am Düsseldorfer Schauspielhaus zu erleben.

Das Theaterkollektiv Rimini Protokoll hat diese Produktion mit Expert*innen und Betroffenen entwickelt, fünf von ihnen stehen an diesem Abend auf der Bühne: Hans Peter Michel, Ganga Jey Aratnam, Sofia Sharkova, Cécile Molinier und Otto Brändli. Die Zuschauer*innen schlüpfen in die Rolle eines am World Economic Forum (WEF) teilnehmenden Konzernchefs, wenn sie die ovale Arena mit Bergkulisse betreten – ausgestattet mit Unterlagen in einem Ringbuchblock und einem Badge am Umhängeband. Im inneren Kreis der Arena, unterhalb der Sitzlogen, stehen die fünf Darsteller*innen auf verschneitem Boden und erklären, wer in Davos zusammentrifft und wie das WEF abläuft. Es eröffnet der Landammann (In Deutschland mit einem Oberbürgermeister vergleichbar) Hans Jörg Michel und fragt das Publikum nach seinen Assoziationen zu der Stadt Davos. Die Stadt, die einst für die Heilung von Tuberkulose bekannt war, ist heute vor allem für das jährliche WEF bekannt. "Eines ist dabei aber gleichgeblieben", so Michel, "die Welt als kranker Patient, um die man sich hier kümmert". Das WEF hat sich nämlich zum Ziel gesetzt, den Zustand der Welt zu verbessern. Ob sie dieses Ziel ernsthaft verfolgt und erfolgreich dabei ist? Darauf bekommt man an diesem Abend sicherlich eine andere Sichtweise. 

Die Bühnenrückwand wird an diesem Abend immer wieder als Videoprojektionsfläche genutzt: Der Flug nach Davos per Hubschrauber wird beispielsweise durch eine Videosequenz per 360°-Rundumfilm gezeigt. Dann Bilder von der Ankunft und der Registrierung in Davos. Die Stadtkarte wird mit Schneeschaufel und Besen unter der weißen Schneedecke freigeräumt und Hans Jörg Michel erklärt, wo was in Davos zu finden ist. Der Rolle des zu verkörperndem Konzernchefs wird sich spielerisch nach und nach mithilfe der personalisierten Unterlagen genähert und die einzelnen Protagonisten des WEF im Laufe des Abends herangezoomt: Wer bin ich? Von welchem Unternehmen bin ich? Welchen Rang hat mein Unternehmen auf der Forbes Global List? 

Hans Jörg Michel greift zum Ende nochmal die Fabel von dem Fuchs und dem Wolf, mit der er den Abend begonnen hat, auf und zieht so eine perfekte Klammer für die Inszenierung. Dann kommt es nochmal zum großen Eishockey-Showdown, in dem die Firmen gegen die Nationen spielen. Das Publikum soll entscheiden, wen es unterstützt und wer wohl gewinnen wird. Argumente für beide Seiten hat es an diesem Abend genug gegeben. Ein körperbetontes Spiel der fünf Spielerinnen und Spieler, das durch die Schlusssirene ein doppeltes Spielende findet. Wer gewonnen hat? Das liegt im Auge des Betrachters. 

Das Schauspiel ist vor allem deswegen so überzeugend, weil es kein Schauspiel im klassischen Sinne ist. Hier verkörpern nicht Darsteller*innen reale Figuren, sondern reale Menschen treten als sie selbst auf, mit all ihrem Wissen und Verstrickungen in Politik und Ökonomie. Der Theaterabend hat reine Informations- wie Spielelemente und macht das ganze zu einer abwechslungsreichen, höchst interaktiven und informationsreichen Veranstaltung, die auch beim Publikum bestens ankommt. Ein langer und sehr dankbarer Applaus für die fünf Protagonist*innen des Abends. 

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von Marvin

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