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Schwalbenkönig – Ein Profifußballer über seinen Weg zum Erfolg

21.03.2019

Wie ist das eigentlich, nicht zu wissen, wer man eigentlich ist oder sein will? Weil man immer nur auf den Erfolg hingearbeitet hat. Weil man gar nicht wissen konnte, was wirklich wichtig ist. Ob man überhaupt sein darf, wer man eigentlich ist – wer man ist, wer ich bin. Keine Ahnung!

"Mein Weg zum Erfolg" – Unter diesem Titel hält der deutsche Profifußballer Philip Bauer einen Vortrag und gibt exklusive Einblicke in das alltägliche Leben in der Welt des Fußballs. Was sich zu Beginn nach einer reinen Erfolgsgeschichte eines Profisportlers anhört, zeigt nach und nach tiefe Abgründe auf und gesteht vor aller Welt, dass es längst nicht mehr nur um den Spaß am Kicken geht. Schwalbenkönig heißt das Theaterstück, das der junge Autor und Schauspieler Stefan Hornbach geschrieben hat. Uraufgeführt wurde es im Sommer 2017 am Deutschen Nationaltheater Weimar. Am Düsseldorfer Schauspielhaus hat sich nun die ehemalige Regieassistentin Sarah Clemens dem Monologstück gewidmet und es auf der Brücke im Central inszeniert. Es spielt Vincent Sauer, einer der Schauspielstudenten des Mozarteums Salzburg, die zurzeit am Düsseldorfer Schauspielhaus gastieren. Premiere war am 20. März.

Als Philip Bauer mit 13 Jahren aufs Fußballinternat gekommen ist, war sein Traum schon in Stein gemeißelt: Profifußballer. Und tatsächlich hat er es geschafft, denn heute ist er deutscher Nationalspieler und spielt bei einem großen Bundesligaklub. Die Geschichte über seinen Weg zum Erfolg ist schnell erzählt: Vereinssport, Nachwuchsleistungszentrum, 1. Mannschaft in der Bundesliga, Nationalspieler. Aber plötzlich beginnt seine Fassade zu bröckeln und er erzählt eine ganz andere Geschichte. Nämlich die Geschichte über seine Freundschaft zu Timothy, einem ehemaligen Mitschüler und Fußballkameraden. Gemeinsam pushten sie sich ans Limit, waren Konkurrenten und Freunde zugleich. Doch dass die beiden mehr verband als nur eine große Freundschaft, wollte Philip nicht wahrhaben. Denn nachts im Internat suchte Timothy die Nähe zu ihm und kletterte von seinem in Philips Bett hinauf. Doch erst als Timothy den Fußball hinter sich gelassen hat, wurde Philip klar, wie viel er ihm wirklich bedeutet hat. Doch offen auf Männer stehen und zeitgleich mit seinen Jungs auf dem Platz stehen, geht eben nicht. Oder eben doch? 

Schwalbenkönig ist ein Theaterstück, indem ein Profifußballer sein Schweigen bricht und knallhart mit einem System abrechnet, das hundertprozentige Anpassung verlangt. Ein System, indem es nur darum geht, das heteronormative Männerbild zu erfüllen. Die sportliche Leistung muss stimmen, die Sexualität auch. Denn wer zu oft die Schwalbe macht, fliegt gnadenlos raus.

Im Central steht an diesem Abend der Fußball und insbesondere der Starspieler Philip Bauer im Mittelpunkt. Im Foyer liegt grüner Rollrasen und eine Torwand steht bereit – Wer trifft, verdient sich einen Sekt und hat gleich darauf die Chance, ein exklusives und persönliches Autogramm vom Fußballstar zu ergattern. Auf dem Weg zur Brücke stehen große Plakattafeln mit dem Porträt von Philip Bauer und seinem Vortragsthema drauf. Die kleine Spielfläche ist mit einem langen roten Teppich markiert. Im Hintergrund schweben kleine rote Buchstabenballons an der Fensterfront, die den Titel des Vortrags visualisieren – "Weg zum Erfolg" (Ausstattung: Paulina Barreiro). Vincent Sauer alias Philip Bauer ist in einen schwarzen Anzug eingekleidet, unter dessen Sakko ein beige-farbener modischer Pullover hervorblickt. Daneben untermalt seine große silberne Uhr seinen finanziellen Status (Kostüm: Janin Lang). Der junge Vincent Sauer macht seine Sache gut und verdeutlicht in seinem Spiel den Hochseilakt zwischen Erfolgswelle und tiefem Abgrund. Jede überbordende Handlung soll seine Verletzbarkeit tuschieren. Was zu Beginn höchst arrogant und selbstverliebt wirkt, wird im Laufe des Abends entlarvt: Denn den Schritt zu gehen, öffentlich sein Schweigen zu brechen, ist ein gewaltiger und nicht selbstverständlicher Vorstoß. Daher versucht er anfangs noch das heteronormative Bild eines deutschen Profifußballers aufrecht zu erhalten, ehe er es nach und nach selbst zum Einsturz bringt. Und dass über Homosexualität im Fußball nicht gesprochen wird, zeigt sich anhand seiner Offenbarung exemplarisch: Denn dass er schwul ist, sagt er in dieser Direktheit zu keinem einzigen Zeitpunkt.

Wie ist das als homosexueller Fußballer, ohne zu sich selbst stehen zu können? "Scheiße", möchte man antworten. Philip Bauers Geheimnis des Erfolgs ist die Schwalbe, das Täuschungsmanöver. Das Ziel: nicht entlarvt werden. Das gilt wohl für die allermeisten nicht-heterosexuellen Profifußballer heutzutage. Die Abrechnung mit diesem System ist längst überfällig! Nur leider gibt’s die derzeit nur auf der Theaterbühne und nicht im Fußballstadion. Großer Applaus für den einstündigen Monologabend, dem übrigens auch der Ex-Finanzvorstand von Fortuna Düsseldorf Paul Jäger beiwohnte. Außerdem ein starkes Zeichen, dass das künstlerische Team dieser Inszenierung aus drei Frauen bestand. Überholte Normen, in der Gesellschaft wie im Fußballsport, müssen endlich aufgebrochen werden!

Die nächste Vorstellung findet am 13. Mai um 19.30 Uhr im Central auf der Brücke statt. Im Anschluss gibt es ein Podiumsgespräch zu relevanten Themen des Leistungssports mit Fortuna-Kapitän Oliver Fink und dem Leiter des Fortuna-Nachwuchsleistungszentrums Frank Schaefer.

***Noch mehr #Theatertipps findet ihr auf youpod.de/theater.***

von Marvin

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