How to Date a Feminist – Eine rasante und schlagfertige Komödie
06.04.2019
Bevor du etwas sagst, will ich mich bei dir entschuldigen. Ich möchte mich entschuldigen für das Patriarchat. Wenn wir zusammenbleiben wollen, soll das nicht zwischen uns stehen.
Können Männer Feministen sein? Und wie gehen Feminismus und eine Schwäche für Machos und Fuckboys zusammen? Diese Fragen behandelt die Londoner Autorin Samantha Ellis in ihrer rasanten Komödie How to Date a Feminist?. Hier entlarvt sie die Geschlechter- und Rollenklischees und zeichnet die aktuellen Debatten um Emanzipationsprozesse und Sexismus. Uraufgeführt wurde das Stück 2016 in London, ehe es im vergangenen Dezember in Karlsruhe seine deutschsprachige Erstaufführung feierte. Am Schauspiel Köln hat sich das Künstlerehepaar Yvon Jansen (Ensemblemitglied) und Rafael Sanchez (Hausregisseur) mit der Komödie befasst und es als Regie- und Schauspielduo in der Außenspielstätte am Offenbachplatz auf die Bühne gebracht. Premiere war am 5. April.
Steve ist Feminist und Kate steht voll auf Machos. Unterschiedlicher könnten die beiden kaum sein und doch finden sie einander unwiderstehlich. Die beiden lernen sich auf einer Kostümparty kennen, auf der sie als Wonderwoman und er als Robin Hood auftritt. Steve und Kate verlieben sich ineinander, werden ein Paar und wollen schließlich heiraten. Alles halb so wild, wenn nicht auch die Eltern die große Differenz, die es zwischen den beiden ja ohnehin gibt, verstärken würden: Kates Vater Joe hat seine einzige Tochter wohlbehütet in einem Londoner Vorort großgezogen und ist durch und durch von der alten Schule. Steves Mutter Morag hingegen hat ihren Sohn in einem Frauenprotestcamp aufwachsen lassen und ist eine vollblütige Friedensaktivistin. Entgegen aller Erwartungen beginnt es zwischen beiden sogar mächtig zu funken, als sie sich auf der Hochzeit ihrer Kinder kennenlernen. Im Gegensatz dazu steht die Ehe des frisch getrauten Paares gleich zu Beginn unter keinem guten Stern: Erst erwischen sie ihre Eltern beim Sex miteinander und dann kracht es zwischen den beiden auch noch so hart, dass ihre Beziehung mächtig bröckelt und eine Trennung kurz bevor steht. Schaffen es die beiden mehr aufeinander zuzugehen und noch ein richtiges Paar zu werden?
In der Jansen & Sanchez Inszenierung hängt zu Beginn ein hellgrüner Vorhang an einer Leine, der den Großteil der dahinterliegenden Bühnentiefe verdeckt. Rechts und links kann das Publikum aber nach hinten spinksen: An zwei Schminktischen, einer links und einer rechts, sitzen die beiden Darsteller*innen Yvon Jansen und Rafael Sanchez im Bademantel, checken nochmal die letzten WhatsApp-Nachrichten und schminken sich in den finalen Zügen. Als sich die Einlasstüren schließen, stampft Sanchez nackt neben den Vorhang hervor und zieht ihn galant beiseite. Das Bühnenbild entfaltet sich. Hinter den Schminktischen stet jeweils ein Garderobenständer mit reichlich Kostümen drauf. Ein rosa-farbener Kreis ziert den Boden auf der Bühnenmitte. Nach hinten trennen zwei orangene Stellwände das Spiel ab. Das Publikum kann die beiden dabei beobachten, wie sie sich aufbrezeln, ankleiden und nochmal die letzten Worte miteinander wechseln. Vor der Premiere. Oder doch vor einer Kostümparty? Die beiden Ebenen werden elegant miteinander verwoben. Eine große Stärke des Abends, denn die vierte Wand wird immer wieder aufgebrochen und die beiden steigen bewusst oder auch mal notdürftig aus ihren Rollen heraus und präsentieren sich als sich selbst. Das ist ein höchst sympathischer Schachzug, der auch als Sicherheitsnetz fungiert, falls einer mal einen Texthänger hat oder kleine Fehler passieren. Denn man darf nicht vergessen, das Rafael Sanchez Regisseur und kein Schauspieler ist. Das merkt man durchaus: Übertriebene Gestik, kleinere Fehler und keine feine und präzise Figuren- bzw. Rollenarbeit. Zum Problem wird das aber nicht, denn die beiden harmonieren so gut miteinander und verraten diese Defizite so sympathisch, dass es höchst amüsant und authentisch wirkt. Dafür gibt es im Laufe des Abends auch immer wieder Szenenapplaus vom Publikum. Denn hier wird nicht nur geredet und gestritten, sondern auch Karaoke gesungen, sich umtänzelt und liebevoll geknutscht. Den schnellen Kostümwechseln (die beiden spielen an diesem Abend sechs Rollen), bei denen sie sich gegenseitig helfen und unterstützen, zuzuschauen, macht große Freude.
Klischees und Stereotype werden hier am Fließband serviert: "My heart will go on" vom Band, ein Strauch roter Glühbirnen, der wie ein Mistelzweig von der Decke hängt, Typ Macho vs. Typ Brillenträger, schüchternes Knutschen auf einem rosafarbenen, raupen-förmigen Sitzkissen. Dazu bringt das Künstlerpaar seine private Beziehung selten offensichtlich, aber oft spürbar unterschwellig mit ein. Der besondere Höhepunkt ist als private Familienbilder der beiden auf die Rückwand projiziert werden.
Dieser großartige Abend, vom Text wie von der Inszenierung her, wird vom Publikum mit tobendem, langem Applaus gewürdigt. Eine rundum gelungene Komödie, bei der auch nach erlischtem Licht noch weiter herzlich miteinander gelacht wird.
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