Spielzeit-Endspurt im Düsseldorfer Schauspielhaus – Unsere Tipps für euren Theaterbesuch
14.06.2019
Die Spielzeit 2018/19 des Düsseldorfer Schauspielhauses neigt sich dem Ende zu. Am 14. Juli geht das Haus in die Sommerpause und die letzten Aufführungen in dieser Spielzeit über die Bühne. Außerdem verabschiedet man sich vom Central als Ausweichspielstätte – denn ab der kommenden Spielzeit wird wieder, bis auf ganz wenige Ausnahmen, im Schauspielhaus am Gustaf-Gründgens-Platz gespielt. Also höchste Zeit, sich noch das Beste aus dieser Spielzeit anzuschauen. Doch bei der – weitgehend positiven – Kritik der (Lokal-)Medien kann man nur schwer durchblicken, was wirklich sehenswert und herausstechend ist. Ich habe in dieser Spielzeit, bis auf ganz wenige Ausnahmen, den gesamten Spielplan gesehen und einen so guten Überblick erhalten, dass ich die einzelnen Stücke in den Gesamtkontext "Spielzeit 2018/19" einordnen kann. Und diesen möchte ich mit euch teilen und euch ermuntern "Geht ins Theater!", denn auch in dieser Spielzeit sind wieder herausragende Premieren über die Bühne gegangen. Hier meine fünf Theatertipps für die letzten vier Wochen bis zur Sommerpause:
Bilder deiner großen Liebe (18. Juni / 20 Uhr / Central, Kleine Bühne):
Sein Buch Tschick machte ihn einst schlagartig berühmt. Doch der letzte Roman von Autor Wolfgang Herrndorf blieb unvollendet. Bilder deiner großen Liebe erzählt von der 14 jährigen Isa, die aus einer psychiatrischen Klinik flieht und sich zu Fuß auf den Weg durch Deutschland macht. Ein seltsames, dunkles Deutschland mit rätselhaften Menschen. Jan Gehler inszeniert den Roman als packendes Kammerspiel mit einem minimalistischen Bühnenbild und einem starken zweiköpfigen Ensemble, das den Text alleinstehend und wirkungsvoll für sich sprechen lassen kann. Es ist ein klassischer Erzähltheaterabend, der vor Assoziationen sprüht, die Fantasie anregt und nicht durch Eindeutigkeit besticht. Ein wahrlich wunderschönes Stück mit einem berührenden Ende.
Mr. Nobody (18./20. Juni, 4. Juli / 19 Uhr / Münsterstraße 446, Bühne):
Im Jahr 2010 kam Mr. Nobody in der Regie des Belgiers Jaco Van Dormael mit Jared Leto und Diane Kruger in die Kinos. Ein romantisches Fantasy-Drama, das gleich mehrere Filmgenres widerspiegelt. Im Jungen Schauspiel hat Regisseur Jan Gehler den Film für die Bühne adaptiert und eine eigene Theaterfassung entwickelt, die mehr ist als nur das Nachspielen des Films. In dem Stück laufen mehrere Lebensentwürfe von Protagonist Nemo Nobody parallel. Denn: Die "Engel des Vergessens" haben Nemo übersehen – und so verfügt er über die Gabe, alle Konsequenzen jeder seiner Entscheidungen vorherzusehen. So lange, bis Nemo selbst nicht mehr weiß, wer er eigentlich ist. Der Theaterabend besticht durch eine spielerisch wie optisch starke Inszenierung. Die Lebenswelten Nemos werden durch bunte Kreidezeichnungen auf der Bühne errichtet und wieder eingerissen, bis er am Ende, gezeichnet von seinen vielen bunten Leben, als Greis zurückbleibt – oder doch als achtjähriger Junge, der vor einer folgenschweren Entscheidung steht? Ein Stück, der das Theater als Kunstform in höchster Art und Weise abfeiert.
Das Schloss (25. Juni / 19.30 Uhr / Central, Große Bühne):
Der Roman zählt zu den drei unvollendeten Romanen Franz Kafkas, die erst posthum veröffentlicht wurden. Das Schloss erzählt von K., der vom Grafen Westwest in dessen Schloss bestellt wird, wo er seine Dienste als Landvermesser verrichten soll. Bei seiner Ankunft ist von dem Schloss allerdings überhaupt nichts zu sehen. Nebel und Finsternis umhüllen es. Doch alle seine Versuche in das Schloss zu gelangen, scheitern, er gerät nur immer tiefer in die Verstrickungen der ihm undurchschaubaren Verhältnisse von Macht und Ordnung. Jan Philipp Glogers Inszenierung ist ein düsterer Theaterabend. Mehrere Bretterwände, die farblich unterschiedlich gestaltet sind und aus horizontalen festgenagelten Latten bestehen, sind zu Beginn zu einem Würfel zusammengestellt. Doch im Laufe des Abends löst sich diese Formation und die Wände werden von den Spieler*innen auf der Drehbühne umhergeschoben und miteinander verkeilt, sodass Räume, Gänge, Gassen und schließlich ein hölzernes Labyrinth im Innern entsteht. Getragen wird das ganze gewiss durch den Text, die Dialoge und die Spielkraft des Ensembles.
Maria Magdalena (1. Juli / 20 Uhr / Central, Kleine Bühne):
Eine Tragödie von Friedrich Hebbel, die als das letzte geschriebene deutsche bürgerliche Trauerspiel gilt. Maria Magdalena erzählt von der Familie um Vater und Tischlermeister Anton, deren Welt völlig aus den Fugen gerät: Klaras Bruder Karl kommt wegen Verdachts auf Diebstahl in Untersuchungshaft. Bei der Verhaftung stirbt die Mutter vor Schock an Ort und Stelle. Der Verlobte seiner Tochter Klara löst die Verlobung mit ihr auf, obwohl Klara ein Kind von ihm erwartet. Die Ehre der Familie, die vor allem dem Vater so wichtig ist, droht vollends beschmutzt zu werden. Da sieht Klara keinen anderen Ausweg und stürzt sich folgenschwer in den Dorfsbrunnen. Regisseur Klaus Schumacher betrachtet den Stoff aus heutiger Sicht und schafft ein geniales Zwei-Ebenen-Spiel mit einer Museumshalle und einem Museumskasten. Ein großartiger Theaterabend mit einem klugen und einem aufgehenden Regiekonzept, der von schöner Musik untermalt wird.
Hamlet (12. Juli / 19.30 Uhr / Schauspielhaus):
Die Tragödie von William Shakespeare wird mit der Musik von Woods of Birnam zu einem furiosen Shakespeare-Konzert. "Tribut an meinen Vater Hamlet!" – so will es der dänische Prinz Hamlet. Hamlet ist tief getroffen von dem überraschenden Tod seines Vaters, dem König von Dänemark. Und nun, nur wenige Wochen nach diesem schweren Schicksalsschlag, präsentiert seine Mutter Gertrud den Bruder des Verstorbenen Claudius als ihren neuen Gatten und somit den neuen König von Dänemark. Als Hamlet dann auch noch durch die geisterhafte Erscheinung seines Vaters erfährt, dass dieser von seinem Bruder Claudius ermordet wurde, sieht er rot. Er schwört Rache. Die Inszenierung von Roger Vontobel wird getragen von Multitalent und Publikumsliebling Christian Friedel, der als Prinz Hamlet mit seiner Band Woods of Birnam und eigens für den Theaterabend geschriebenen Songs eine zweite Erzählebene schafft. Ein großer Shakespeare-Abend im Schauspielhaus am Gustaf-Gründgens-Platz
Hinweis: Es sind nur die Theaterinszenierungen aus dem Repertoire beachtet worden, die in dieser Spielzeit Premiere gefeiert haben, die noch mindestens einmal vor der Sommerpause gezeigt werden und für deren Vorstellungen es noch Karten gibt. Tickets gibt es an allen bekannten VVK-Stellen (Central, Junges Schauspielhaus, Opernshop) sowie online unter www.dhaus.de.
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