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Panikherz – Das Berliner Ensemble gastiert in Duisburg

17.10.2020

"Ich habe tausend Pläne. Doch 'n Plan B hab ich keinen", heißt es in dem Song "Plan B" von Udo Lindenberg, der an diesem Abend auf der Bühne zitiert wird. Das mag glücklicherweise nicht auf das Schauspiel Duisburg zutreffen, welches das Gastspiel des Berliner Ensembles mit "Panikherz" nach der coronabedingten Absage im März nun doch noch ermöglichen konnte. Ursprünglich war das Stück zum Theatertreffen der 41. Duisburger Akzente eingeladen, ein Sparten übergreifendes Festival, das in diesem Jahr unter dem Thema "Glück" stand. Doch die Pandemie machte Veranstalter und Publikum einen Strich durch die Rechnung und sorgte für eine vollständige Festivalabsage - inklusive dem oben genannten Akzente-Theatertreffen. Nun, sieben Monate später, konnte das Gastspiel im Theater Duisburg mit zwei Vorstellungen doch noch nachgeholt werden. Duisburg-Premiere im Großen Haus war am 17. Oktober.

Zwischen Berlin und Duisburg liegen rund 550 Kilometer und 5 1/2 Stunden Autofahrt. Die Reise, die der Autor Benjamin von Stuckrad-Barre seit seiner Geburt 1975 in Bremen unternommen hat, ist damit wohl kaum zu vergleichen. In zwei Stunden wildem und musikalischem Bühnenspiel erzählen Oliver Reese, sein vierköpfiges Ensemble und fünf Musiker die Biografie eines Mannes, der über den Musikjournalismus mitten rein ins öffentliche Leben gekommen ist. Dazwischen liegen Städte wie Hamburg, Köln, Berlin, Zürich und Los Angeles und ein folgenschweres, exzessives Party- und Nachtleben. Daneben zahlreiche Klinikaufenthalte, massig Kokain, belastende Essstörungen und viel zu viel Alkohol – stets begleitet von einer Kultfigur, die erst Antrieb und später dann Retter sein wird: Udo Lindenberg. Über 500 Seiten ist der autobiografische Roman von Stuckrad-Barre lang, den Oliver Reese für die Bühne bearbeitet und auf Kosten zahlreicher Striche an diesem Abend erzählt. Die Figur des Protagonisten hat der Regisseur durch vier geteilt und ihn von drei Schauspielern und einer Schauspielerin verkörpern lassen. Begleitet wird der Abend durch Live-Musik einer Band, die verschiedene Musikstücke, wie von Oasis und natürlich Udo Lindenberg, eigens für die Produktion neu arrangiert haben und um das Bühnenbild herum positioniert sind und von allen Seiten musikalisch begleiten. Zentrales Bühnenbildelement ist eine Bar mit einem Bühnenportal, das mit der Bühnenrampe durch mit Teppich bedeckte Stufen verbunden ist.

Der Theaterabend zieht das Publikum von Beginn an soghaft in die autobiografische Geschichte ein und besticht vor allem durch die grandiose schauspielerische Leistung des Ensembles. Es macht große Freude, den vier Spielerinnen und Spielern zuzuschauen, gerade weil sie sich alle so unterschiedlich und facettenreich geben. Daneben wird die Musik stets passend zur Szene eingesetzt: mal leise Begleitung im Hintergrund, mal im Zentrum stehende Unterhaltung. Dazu wird vom Ensemble gesungen wie auch leidenschaftlich getanzt. Vor allem die erste Hälfte des Abends ist dramaturgisch wirklich gut konzipiert und setzt die künstlerischen Mittel gut portioniert ein, ehe es dann in der letzten Stunde doch etwas ins Plakative gerät: Ein Sack mit weißem Pulver wird auf dem Teppich verstreut und es wird dann auch etwas zu sehr auf Witz gespielt. Der exzessive Drogenkonsum wird so fast lächerlich überzogen und die Szenen darum werden langatmig ausgespielt. Dennoch oder vielleicht auch gerade deshalb wird der Abend vor allem vom jüngeren Publikum mit langem Applaus und stehenden Ovationen gefeiert. 

von Marvin

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