Wenn wir an Liebe denken, denken wir an Zukunft: gemeinsame Pläne, kleine Rituale, das Gefühl, dass schon morgen irgendwie uns gehört. Doch was passiert, wenn dieser morgige Tag plötzlich wegbricht? Wenn ein Streit unaufgelöst bleibt und der Mensch, den man liebt, nicht mehr zurückkommt?

Dominik Gaidas Roman “Gestern waren wir unendlich” (Band 1 des “Death Duet”) beginnt genau an diesem Punkt und verwandelt diese Ausgangssituation in eine existenzielle Frage. Nämlich in die, was es bedeuten würde, den schlimmsten Tag des eigenen Lebens immer wieder durchleben zu müssen. Und ob darin vielleicht die Möglichkeit liegt, das Schicksal noch einmal neu zu verhandeln.

Zwischen Verlust und Hoffnung

Louis und Henry sind seit Jahren ein Paar – vertraut, liebevoll und aufeinander eingespielt. Ihre Beziehung fühlt sich sofort echt an: innig, streitbar, erschöpft und gleichzeitig voller Zärtlichkeit. Als die beiden nach einem Streit in einen Autounfall geraten, stirbt Henry. Louis’ Welt bricht zusammen. Doch am nächsten Morgen begegnet er Henry wieder, als wäre nichts geschehen. Derselbe Tag beginnt erneut.

Damit startet eine emotional aufgeladene Zeitschleife, die die Leser*innen genau dort erwischt, wo es wehtut. Die Angst, denselben Verlust wieder zu erleiden. Der Impuls, diesmal alles richtig zu machen. Und das Wissen, dass Zeit plötzlich nicht Heilung bedeutet, sondern Druck. Schnell ertappt man sich bei dem Gedanken: “Different day, same shit”. Genau diese Mischung aus Verzweiflung und Resthoffnung macht die Geschichte so fesselnd.

Clever erzählt: Die Vergangenheit als Atemraum

Gaida strukturiert seinen Roman zweigleisig. Louis’ Kapitel spielen vollständig in der Zeitschleife und zeigen, wie er mit jedem Durchlauf verzweifelter darum kämpft, Henry zu retten – oder zumindest eine Aussprache zu erzwingen. Parallel dazu erzählen Henrys Rückblicke von ihrem Kennenlernen, ihrem Zusammenwachsen, ihren unterschiedlichen Familien und davon, warum sie überhaupt ein so passendes Paar sind.

Gerade diese Rückblenden sind ein Geschenk: kleine Atempausen, die die bedrückende Gegenwart kurz ausbalancieren, ohne je ins Kitschige abzurutschen. Zusammen entsteht ein sehr rundes, berührendes Porträt zweier junger Männer, die nicht perfekt sind, aber zutiefst füreinander bestimmt scheinen.

Figuren, die echt wirken und im Gedächtnis bleiben

Louis ist impulsiv, verletzlich, manchmal ungerecht, aber immer voller Liebe. Henry ist der ruhende Pol, der stark wirken möchte, obwohl auch in ihm vieles bricht. Und dann sind da die Nebenfiguren: die warm-chaotische Leblanc-Familie, der politisch fragwürdige Onkel, der direkt aus dem echten Leben stammen könnte – und natürlich Oma Leanne, die einen Satz sagt, der das ganze Buch zusammenfasst: “Wie viel Zeit wäre genug Zeit? Wir werden immer das Gefühl haben, vom Schicksal betrogen worden zu sein, wenn ein geliebter Mensch gehen muss.”

Besonders stark ist, dass all diese Figuren frei von stereotypen Mustern geschrieben sind. Gaida erzählt queere Charaktere, ohne sie zu idealisieren oder zu überzeichnen. Sie sind schlicht: Menschen, die lieben, zweifeln, kämpfen, zerbrechen.

Intensiv, überfordernd, bedeutungsvoll

“Gestern waren wir unendlich” ist ein Roman, den man beinahe zwangsläufig in einem Zug durchlesen muss – voller Spannung, zweifelsohne schmerzhaft und mit radikal-ehrlichem Blick auf Trauer, Verlust und die Angst, falsch gelebt zu haben. Das Buch stellt große Fragen: Wie sehr halten wir an Menschen fest? Was würden wir tun, wenn wir eine zweite Chance hätten? Und wie gehen wir weiter, wenn uns klar wird, dass nichts selbstverständlich ist?

Spätestens auf den letzten fünfzig Seiten wird die Geschichte zu einer emotionalen Wucht, die kaum jemanden kaltlässt. Hier dürfte bei niemanden auch nur ein Auge trocken bleiben.

Fazit

Dominik Gaida gelingt mit “Gestern waren wir unendlich” ein queerer New-Adult-Roman voller Intensität. Eine Geschichte über Liebe, Trauer und Zeitschleifen, die emotional tief geht, ohne je aufgesetzt zu wirken. Wer leichte Kost sucht, wird hier nicht glücklich. Wer ein Buch sucht, das lange im Kopf nachhallt, findet genau das und vielleicht ein bisschen mehr.

Für Fans von Adam Silvera oder Dustin Thao ist dieser Roman ein absolutes Must-Read. Für alle anderen: eine Erfahrung, die schmerzt und gleichzeitig heilsam wirkt.

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Veröffentlicht am 21. November 2025
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