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Wie Jugendliche DSDS sehen

07.01.2011

Millionen Deutsche verfolgen die RTL-Castingshow "Deutschland sucht den Superstar". Die Show ist für viele Jugendliche ein Lehrbuch fürs Leben. Doch die Medienwissenschaftlerin Maya Götz warnt: DSDS ist keine Realität. Die Sendung fördert Beleidigungen und Anpassung. Neben den beiden Neuen in der Jury, den Sängern Fernanda Brandao und Patrick Nuo freuen sich die Fernsehzuschauer vor allem auf den "Pop-Titan" Dieter Bohlen. Vor allem Jugendliche lieben seine Art. Sie lieben es, wenn er den Kandidaten wieder Sprüche um die Ohren haut wie "Wenn du zurzeit von Moses gelebt hättest, dann wärst du wohl die elfte Plage gewesen" oder "Bei mir kommen solche Geräusche aus anderen Öffnungen" oder "In so einem Outfit geht meine Freundin Unkraut jäten". Bohlen ist die wichtigste Figur von DSDS. Das hat Maya Götz in ihrer Studie "Deutschland sucht den Superstar und Germany’s Next Topmodel – Castingshows und ihre Bedeutung für Kinder und Jugendliche" herausgefunden. Die Medienwissenschaftlerin und Leiterin des Internationalen Zentralinstituts für das Jugend- und Bildungsfernsehen attestiert deutschen Castingshows ein "Meisterprinzip". Sowohl Bohlen als auch Heidi Klum sind in ihren Shows sehr zentral und entscheiden über das Weiterkommen der Bewerber. Castingshows in anderen Ländern seien anders aufgebaut.   Dieter Bohlen als Lehrer  Bohlens Rolle prägt auch das Leben der jungen Zuschauer. Vor allem Jungen haben in Götz' Studie gesagt, sie könnten von ihm lernen wie man mit Freunden umgeht. "Er unterstützt, wen er mag, und er beleidigt, wen er nicht mag", so Götz. "Im Umkehrschluss denken einige Jugendliche, sie müssten seinen Wertevorstellungen entsprechen, dann würden sie unterstützt." Damit wird DSDS zu einem Lehrbuch. Viele junge Zuschauer glauben, dabei lernen zu können, wie man mit Spaß und in kürzester Zeit zu einem guten Beruf kommt. Der Weg, den ihnen laut Götz gezeigt wird, ist, sich dem Umfeld anzupassen und sich selbst zu ändern.   DSDS ist keine Realität  "Aber", warnt Götz, "DSDS zeigt nicht die Realität." Ziel sei nicht, einen Superstar zu finden, sonst seien die bisherigen Sieger berühmter. "DSDS ist keine Dokumentation." Zwar ständen echte Kandidaten vor einer echten Jury. Aber die Bewerber würden nicht so gezeigt wie sie sind, sondern so, wie die Show es will. "Bei dem Auftritt einer 17-Jährigen wurden Schmatzgeräusche vom Band eingespielt", erinnert sich die Medienwissenschaftlerin. So etwas nehmen die Zuschauer nicht wahr. "Sie sollen denken: Boar, ist die eklig", sagt Götz. "Wenn Dieter Bohlen dann eine Beleidigung loslässt, denken die Zuschauer: Endlich sagt es mal einer." Das Gefährliche an DSDS ist nach Götz, dass die inszenierte Abwertung akzeptiert und als normal wahrgenommen wird. Bohlens Sprüche werden nicht als Beleidigungen verstanden, sondern als Ehrlichkeit. Das sagen 83 Prozent der 18- bis 19-Jährigen, die Götz für ihre Studie befragt hat.   Das Positive bei DSDS  Aber Götz sieht an DSDS auch Gutes: Die Castingshow zeige, wie Jugendliche ihre Individualität in Szene setzen können. Sie lernen etwas über Musik und wie man singt – vor allem in den Workshops nach der ersten Castingrunde. "Und viele Jugendlichen lernen, dass das Musikgeschäft nichts für sie ist", weiß Götz durch ihre Studie. "Anders ist das übrigens bei Heidi Klums Sendung. Zuschauerinnen wollen danach verstärkt Modells werden."  Kritisch fernsehen  DSDS ist eine der beliebtesten Fernsehsendungen bei Jugendlichen. Jede Folge ist am nächsten Tag das Gesprächsthema Nummer 1 auf dem Schulhof. Da werden fleißig Bohlen-Sprüche zitiert und darüber gelacht – aber die Schüler diskutieren auch die Inhalte der Shows. Wichtig ist, die Inhalte nicht hinzunehmen, sondern kritisch zu hinterfragen. Sie sollen ihren eigenen Charakter bewahren und sich nicht anpassen. "Wir haben uns eine Generation heransozialisiert, die leistungsbereit ist", analysiert Götz. "Aber sie hat zu wenig Möglichkeiten, politisch aktiv zu sein und sich zu wehren. Viele Jugendliche glauben, Anpassung bringt Erfolg. Das stimmt nicht."

von jt

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