Düsseldorfer Jugendportal

Sprich über deine Stadt!

640 640 1000 1000 1000

Schwule Lacher bei den Simpsons

28.06.2013

Die Serie "Die Simpsons" ist bei Millionen Zuschauern weltweit beliebt. Nur wenige bemerken allerdings, wie oft Homosexualität ein Thema ist. Erwin In het Panhuis hat die lesbischen und schwulen Gags gezählt und analysiert. Wir haben ihn zu seinem Buch "Hinter den schwulen Lachern" befragt. In unserem Interview spricht der Autor über lesbische und schwule Figuren bei den Simpsons, die Homo-Ehe, versteckte Hinweise auf und eindeutige Szenen über Homosexualität. Er spricht über Politik und den speziellen und intelligenten Simpsons-Humor. youpod.de: Nach dem Gucken von 500 Folgen, dem Kinofilm und hunderten DVD-Kommentaren, sind Sie da noch Fan der Simpsons? Erwin In het Panhuis: Nach so vielen Stunden Simpsons bin ich erst recht Fan. Es ist schon komisch, wenn ich abends den Fernseher einschalte: Egal, welche Folge kommt, ich weiß, ich habe sie bereits gesehen. Ich musste für meine Analyse natürlich auch alle sehen. Zusätzlich habe ich auch viele Bücher und Internetseiten über die Simpsons gelesen. Fan geworden bin ich vorher beim Durchzappen. Da fiel mir auf, dass es in beinahe jeder Folge Anspielungen auf Homosexualität gibt, verbunden mit intelligentem Humor. Das fand ich toll. Aber auch wenn ich Fan bin, ist mein Buch trotzdem keine Hofberichterstattung. Ich habe auch Kritik: HIV/Aids sind bis auf eine Szene leider kein Thema. Manche Witze klingen so, als ob man sich wenig Gedanken gemacht hat. Lesben tauchen viel zu wenig auf, nur in fünf Prozent der homosexuellen Szenen. Vielleicht ist das so, weil man Lesben weniger ernst nimmt oder Themen wie die Armee oder Aids eher mit Schwulen in Verbindung stehen. Wenn man sich über weibliche Sexualität lustig macht, kann es außerdem schnell frauenfeindlich wirken. Frauen haben untereinander einen anderen körperlicheren Umgang. Bei Männern wirkt enger körperlicher Kontakt schnell schwul. Damit kann man mehr spielen. Was macht den Erfolg der Simpsons aus? Sie schaffen es gut, unterschiedlichen Zielgruppen etwas zu bieten: Kinder sprechen sie mit einfachem Humor und Slapstick an, Erwachsene mit Satire und Filmanspielungen. Das ist gut gemacht. Die Simpsons haben ein Gespür für aktuelle Themen. Und sie arbeiten unterschwellig. Das finde ich sehr angenehm. Marge hat zum Beispiel einmal nur eine einfache Frage gestellt: "Wusstest du, dass jeder US-Präsident ein weißer heterosexueller Mann war?" Damit setzt sie sich indirekt für die Gleichberechtigung von Schwarzen, Homosexuellen und Frauen ein. Sollten alle Lesben und Schwule Fans der Simpsons sein? Nein, viele können mit Zeichentrick ja überhaupt nichts anfangen und das ist ok. Ihnen sollte es aber nicht egal sein, wie der Mainstream über sie berichtet. Die Simpsons wollen in erster Linie unterhalten, aber man merkt, dass die Produzenten grundsätzlich Hetero- und Homosexualität gleichsetzen. Das ist emanzipatorisch. Eine Folge handelt von Romantik und neben Frauen-Männer-Paaren wird hier auch Waylon Smithers und Mr. Burns gezeigt. Schwule Liebe wird hier nicht zum Problem erklärt, sondern ist gleichberechtigt und genauso selbstverständlich. Selbst wenn eine Aussage zunächst schwulenfeindlich wirkt, taucht sie nur auf, um anschließend kritisiert zu werden. Als Marge mit Homer ins Ballett gehen möchte, äfft er übertrieben tuntig Schwule nach, um zu zeigen, dass heterosexuelle Männer beim Ballett nichts zu suchen haben. Das wirkt vor allem im Vergleich zu Marge dumm und falsch. Das Schlägertrio in der Schule verprügelt sogar Schwule. Das wird durch Lisa kommentiert. "Wer Schwule zusammenschlägt, hat ein Problem mit der eigenen Sexualität." Wie oft und wann tauchen homosexuelle Themen auf? In 500 Folgen gibt es vier schwul-lesbische Folgen und zusätzlich etwa 500 Anspielungen. In den ersten Staffeln gibt es beinahe keine Anspielungen, später bis zu sieben in einer Folge. Sie tauchen manchmal ohne speziellen Anlass auf. Die Simpsons greifen dabei auch viele aktuelle Themen auf. In den 90er Jahren gab es in den USA eine Diskussion über Homosexuelle bei den Pfadfindern und auch die Homo-Ehe spielt bei den Simpsons immer wieder eine Rolle. Haben Sie eine Lieblingsfigur in der Serie? Waylon Smithers. Er hat einen trockenen Humor und ist eine sehr angenehme Figur. Homer spielt immer die derben und lauten Szenen und ist für den einfachen Humor zuständig. Da ist mir Smithers‘ Witz lieber. Er wurde bereits sehr früh als schwul dargestellt, in der dritten Staffel. Innerhalb der Familie finde ich Lisa ganz toll. Sie ist intelligent und verkörpert viele wichtige Werte. Das ist mir näher als ein Raufbold wie Bart. Aber eigentlich sind alle Charaktere gut gelungen. Man benötigt ja auch verschiedene Figuren, damit es lebendig bleibt. Interessant ist, dass beinahe alle Männer eine flexible sexuelle Orientierung haben. Alle sollen ein bisschen schwul wirken. Bei den Frauen ist das anders. Leider werden Lesben in einigen Fällen zusammen mit einer Männerfeindlichkeit dargestellt. Ein dummes Klischee, das mir nicht gefällt. Die wichtigste lesbische Figur ist übrigens Patty, Marges Schwester. Ihre Rolle wurde gut aufgebaut. Sehr früh gab es Hinweise, dass sie nicht auf Männer steht und hatte dann in der Folge über die Homo-Ehe ihr Coming-out. Welche Szene finden Sie besonders gelungen? In der Folge "Homer und gewisse Ängste" will Homer seinen Sohn Bart von der Homosexualität heilen und bringt ihn in ein Stahlwerk, um ihm harte, männliche Arbeit zu zeigen. Aber alle Arbeiter sind schwul und fangen plötzlich an zu tanzen. Das ist sehr lustig. Meine Lieblingsszene mit einer versteckten Anspielung ist die, in der Fidel Castro mit seinem Wissen über die USA angeben möchte und sagt, dass es in San Fransisco ein Stadtviertel gebe, das nach ihm benannt ist: the Castro. Ein Berater flüstert ihm dann etwas ins Ohr und er erschreckt sich. Das ist witzig, wenn man weiß, dass der Stadtteil das Lesben- und Schwulenviertel der Stadt ist und dass Castro ein Schwulenhasser ist. Welche politische Botschaft vermitteln die Simpsons? Auch wenn das die Macher nicht zugeben: Die Simpsons sind eine eher links-progressive Serie. Die Botschaft lautet: gleiche Rechte für alle. Sie machen zwar Witze über schwule Republikaner und schwule Demokraten, aber politisch zielt es eher gegen die Republikaner. Interessant ist, dass die Serie in den USA auf dem Fernsehkanal Fox läuft, der die konservativen Republikaner unterstützt. Die Simpsons machen sich ab und zu sogar über Fox lustig. Das lässt der Sender zu, weil er sich offenbar im Unterhaltungsbereich offen zeigen will. Im Nachrichtenbereich ist er aber stock-konservativ. Ist das Politische der Grund, warum Sie die Simpsons analysiert haben? Das trug dazu bei. Aber ich bin vor allem wegen des intelligenten Humors und der versteckten Hinweise auf Homosexualität bei der Serie hängen geblieben. Im Vergleich zu der amerikanischen Gesellschaft ist diese Serie sehr aufklärerisch. Es ist faszinierend, wie stark und mit wie viel Nachdruck sie sich für Gleichberechtigung einsetzt. Wie sah Ihre Arbeit genau aus? Haben Sie den ganzen Tag Fernsehen geguckt? Einige Wochen lang schon. Dabei habe ich mir Notizen gemacht: Minute 15’10 – Bart sagt das und das. Daneben habe ich immer schon mal an Texten geschrieben, andere Simpsons-Bücher gelesen oder im Internet recherchiert. Im Netz gab es bereits Protokolle, die Anspielungen auf Homosexualität auflisteten. Die habe ich mit meinen Beobachtungen verglichen. Bei vielen umgangssprachlichen Formulierungen und nicht immer geglückten Übersetzungen haben mir zum Glück drei US-Muttersprachler geholfen. Lisa sagt zum Beispiel einmal, sie sei stolz "the first straight president" zu sein. "Straight" kann "direkt" oder "heterosexuell" bedeuten. Einer meiner Bekannten bestätigte mir, dass das in diesem Zusammenhang nur "heterosexuell" und nicht "direkt gewählt" heißen kann. Und "erste heterosexuelle Präsidentin" ist typischer Simpsons-Humor. Gucken Sie nach so viel Arbeit heute immer noch gerne die Simpsons? Ja. Ich kenne zwar jede Folge und alle Gags, aber den Humor finde ich immer noch gut. Deswegen gucke ich mir die gerne an. Außerdem: Manchmal finde ich immer noch kleinere Szenen über Homosexualität, die mir zuvor nicht aufgefallen waren. Weitere Informationen über "Hinter den schwulen Lachern. Schwule und Lesben bei den Simpsons" und Bestellmöglichkeiten des Buches gibt es auf der Internetseite des Autors.

von jt

Kommentar verfassen

Bitte fülle alle Felder aus die mit * markiert sind.