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Das neue Leben – Wie weitermachen?

11.09.2021

Das Leben ist, was es ist: eine bunte Mischung aus leuchtenden und dunklen Momenten, aus dem größten Glück und dem tiefsten Verzagen, aus Gewinn und Verlust. Eine unerfüllte Liebe, eine schmerzhafte Trennung oder der Verlust eines geliebten Menschen – all das kann uns unserer sicher geglaubten Standfestigkeit berauben. Momente des Schocks, des Struggelns und der verzweifelten Suche nach einem starken Anker, der uns aus diesem tiefen Tal wieder herausziehen kann, wechseln sich völlig willkürlich ab. Und die Hoffnung, das Licht am Ende des düsteren Tunnels irgendwann doch noch erreichen zu können, bebt unaufhörlich in unseren Herzen. Aber mittendrin kreist stets die drängende Frage: Wie weitermachen in diesem Leben danach, dem "neuen Leben"? 

Dieser Frage geht der Regisseur Christopher Rüping gemeinsam mit seinem fünfköpfigen Ensemble am Schauspielhaus Bochum in seiner Eröffnungsproduktion der neuen Spielzeit nach. Überschrieben ist der Abend mit "Das neue Leben. Where do we go from here", frei nach Dante Alighieri, Meat Loaf und Britney Spears. In Dantes "Vita Nova" (oder eben: "Das neue Leben") schildert der Autor, der durch sein Hauptwerk "Die göttliche Komödie" Bekanntheit errang und dessen Werke auch 700 Jahre nach seinem Tod noch gelesen werden, seine Liebe zu Beatrice – von der ersten Begegnung an bis zu ihrem tragischen Tod im Alter von 24 Jahren. Premiere war am 10. September. 

Der Abend beginnt nicht mit dem traditionellen Erlöschen des Saallichts und auch nicht mit dem Auftritt der Darsteller*innen. Denn das Licht im Zuschauerraum bleibt noch bis weit in den Abend hinein an und die Spielerinnen und Spieler sind bereits auf der Bühne. Die vierte Wand unlängst gebrochen, ähnelt die Inszenierung gleich zu Beginn eher einer vertrauten, lang ersehnten Begegnung unter Freunden. Gemeinsam nimmt das Ensemble das Publikum mit auf eine Reise, die beginnt als der neunjährige Dante seine große Jugendliebe zum ersten Mal trifft. Ein verlegener Blick und ein schüchternes Winken – mehr ist da erstmal nicht, was diese rauschhafte, plötzliche Verliebtheit auslöst. Und mehr braucht es manchmal auch nicht. Denn: Die Liebe ist, was sie eben ist. Neun weitere Jahre braucht es dann aber, bis Dante Beatrice wiedersieht. Und stets umringt von der alles entscheidenden Frage: "Sag ich es ihr?". Wird Liebe erst real, wenn sie greifbar, fassbar, teilbar in gemeinsamen Momenten wird, oder kann sie allein in unseren Gedanken existieren, reifen und so zum ganz individuellen Erleben werden? Und ist das Gefühl, das nur in einem selbst wütet, nicht ohnehin so schön, dass das Risiko des Teilens und der damit einhergehenden potentiellen Zurückweisung nicht eingegangen werden will? 

Fragen über Fragen, die die Spieler*innen in dieser Inszenierung aufwerfen und von ihnen so jungen- und mädchenhaft verspielt in starke Bilder überführt werden, dass man sich in sie nur so verlieben möchte. Und dass es manchmal nicht mehr als die Liebe braucht, um einen Theaterraum zu füllen, zeigt Christopher Rüping mit seiner alles andere als üppigen Ausstattung: der Bühnenraum ist beinahe leer, nur ein automatisch spielendes Klavier steht dort und wird mal zum antreibenden Protagonisten, mal zum leisen, atmosphärischen Begleiter des Ensembles. Und so spielt sich das Ensemble durch die Geschichte, ehe sie in Dantes Hauptwerk "Die göttliche Komödie" mündet und zu einem rauschhaften, bildgewaltigen Theatererlebnis wird. Angetrieben und begleitet wird der Abend durch (Pop-)musikalische Referenzen, die mit Dantes Liebesgedichten und -liedern verschmelzen – alles eben eine Frage des Ausdrucks. Und weil Liebe stets mit Leben und Tod einhergeht, schlägt die Inszenierung einen noch weiteren, höheren, monumentaleren Bogen, um am Ende hoffnungsvoll und beseelt die Zuschauerinnen und Zuschauer nachhause zu schicken. Denn ja, irgendwann müssen wir alle sterben, aber die gute Nachricht: "Es bleibt noch Zeit für dich und mich". Großer Applaus und stehende Ovationen für einen hinreißenden, berührenden, höchst authentischen Abend, der zum Lachen und zum Weinen bringt und der vor allem Freude macht, auf das was da alles noch so kommen kann im "neuen Leben". 

Die nächsten Vorstellungen finden am 19. September um 18 Uhr und am 10. Oktober um 19 Uhr. Tickets und weitere Informationen findet Ihr hier.

von Marvin

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