Katar basics. Arbeitsmigration. Arbeitsbedingungen. Wie ist die Lage im Land des WM-Gastgebers?
30.11.2022
Die schlechten Arbeitsbedingungen in Katar stehen häufig in der Kritik. Wir schauen genauer hin und ordnen dabei auch kurz ein, wie Katar aufgebaut ist. In Katar rollen gerade die Bälle der Fußballweltmeisterschaft der Männer. Der Jugendring begleitet das sportliche Großereignis mit unterschiedlichen Angeboten kritisch. Mehr Infos zu unseren Aktionen findet ihr unter "Sport und Menschenrechte!?".
Katar – Basics
Flächenmäßig ist Katar ein sehr kleines Land. Mit seinen 11.571 km² ist es nur rund ein Drittel der Größe von Nordrhein-Westfahlen.
In Katar leben etwa 3,0 Millionen Einwohner*innen. Davon sind nur rund 10% also etwa 330.000 Staatsbürger*innen. Zum Vergleich – in Düsseldorf leben etwa 600.000 Menschen. Von den restlichen 90 Prozent der Bevölkerung sind die meisten Arbeitsmigrant*innen ohne katarische Staatsbürgerschaft. Katar hat somit die höchste Quote an Arbeitsmigrant*innen weltweit.
Katar ist ein sehr reiches Land. Gemessen am kaufkraftbereinigten Bruttoinlandsprodukt pro Kopf ist Katar sogar das viertreichste Land der Welt. (Stand 2019)
Erdgas und Erdöl sind die wichtigsten Erwerbsquellen von Katar. Die Erdgasvorkommen Katars sind enorm – rund 13% der weltweit verfügbaren Gasvorkommen liegen in Katar.
Weiterlesen: https://de.wikipedia.org/wiki/Katar
Arbeitsmigration
Der Reichtum in Katar ist jedoch sehr ungleich verteilt. Viele der rund 2 Millionen Arbeitsmigrant*innen kommen aus Bangladesch, Indien, Nepal, Pakistan und von den Philippinen. Häufig arbeiten sie auf Baustellen, in Haushalten, als Reinigungskraft oder im Fahrdienst. Die Abhängigkeiten von ihren Arbeitgebern sind sehr hoch und die Arbeitsbedingungen schlecht. Es gibt viele Berichte von ausbleibenden oder verspäteten Löhnen und fehlenden freien Tagen. Auch Überstunden sind Alltag.
Privatsphäre und Pausen sind außerhalb der Arbeitszeiten ebenfalls kaum möglich. Arbeiter leben oft in dicht belegten Schlafsälen, Arbeiterinnen leben häufig im Haushalt, in dem sie arbeiten.
Überarbeitung und Unfälle kosteten bereits viele Leben.
Dennoch bringen ökonomische Zwänge und fehlende Perspektiven in ihren Heimatländern Menschen dazu, zum Arbeiten nach Katar zu gehen. Ein Großteil des Lohns wird an die Familie überwiesen.
Weiterlesen:
Forschungsbericht von Amnesty International zu den Arbeitsbedingungen in Katar: https://www.amnesty.ch/de/laender/naher-osten-nordafrika/katar/dok/2016/ausbeitung-arbeiter-fuer-wm-2022/1603_report_qatar.pdf
Artikel über den Forschungsbericht: https://www.nzz.ch/international/naher-osten-und-nordafrika/fussball-wm-in-katar-2022-die-haessliche-seite-des-schoenen-spiels-ld.10679
Und warum wechseln Menschen dann nicht den Arbeitsplatz?
Die Abhängigkeiten zwischen Arbeiter*innen und ihren Arbeitgeber*innen sind aus sehr hoch. Es gibt in Katar das Kafala-System. Kalafa bezeichnet ein System der Bürgschaft. Migrant*innen benötigten für Einreise und Aufenthalt einheimische Bürgen. Dies sind meist die Arbeitgeber*innen. Hierdurch ergibt sich eine starke Abhängigkeit. Eine Kündigung ist auch deswegen nicht möglich, da Migrant*innen ohne Arbeitsplatz die Abschiebung droht.
Wer das Land freiwillig verlassen möchte, benötigt seinen Pass. Hier berichten Arbeitsmigrant*innen davon, dass ihnen ihre Pässe nicht zurückgegeben werden. Ohne Pass ist die Ausreise aus Katar kaum möglich.
Gesetzlich war dies bis 2020 durch das Kafala-System gesetzlich geregelt. Das Kafala-System, das unter anderem Arbeitgeber*innen erlaubt, die Pässe einzubehalten, wurde zwar reformiert. Es gibt jedoch große Kritik an den Reformen, da sie nicht umgesetzt werden.
Weiterlesen: https://www.nd-aktuell.de/artikel/1166058.fussball-wm-in-katar-kafala-im-geheimen.html
Können wir all dies feiern?
"The World Cup will simply be the best World Cup ever. And the biggest show on earth."
Gianni Infantino, Präsident der Fifa
Wollen wir eine Weltmeisterschaft feiern, die auf dem Rücken von 2 Millionen Arbeiter*innen ausgerichtet wird?
Wollen wir diese Show unterstützen?
Tauscht euch darüber am Themenabend aus:
Wir schauen mit euch den Teil zu Arbeitsbedingungen der Doku „Katar – WM der Schande“ und sprechen darüber. Dazu gibt es Snacks und Getränke.
Donnerstag, 1. Dezember, ab 18.30 Uhr im Haus der Jugend.
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