Menschenrechte. Freiheiten. Gleichberechtigung. Wie ist die Lage im Land des WM-Gastgebers Katar?
30.11.2022
Katar steht häufig wegen Menschenrechtsverletzungen in der Kritik. Wir schauen genauer hin und klären dabei auch gleich die Frage, was überhaupt Menschenrechte sind. In Katar rollen gerade die Bälle der Fußballweltmeisterschaft der Männer. Der Jugendring begleitet das sportliche Großereignis mit unterschiedlichen Angeboten kritisch. Mehr Infos zu unseren Aktionen findet ihr unter "Sport und Menschenrechte!?".
Was sind Menschenrechte?
Menschenrechte sind Rechte, die jedem Menschen zustehen. Sie gelten für alle Menschen – einfach weil sie Menschen sind, jederzeit und überall. 1948 verabschiedeten die Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte. Die Erklärung soll Orientierung bieten, ist aber rechtlich nicht bindend.
Die Allgemeine Erklärung der Menschenrechte besteht aus 30 Artikeln und wurde 1948 von den Vereinten Nationen beschlossen. Amnesty International hat euch die Rechte auf einen Blick hier zusammengefasst.
Weiterlesen: Menschenrechte im Fokus bei der Bundeszentrale für politische Bildung
Wie ist die Lage in Katar?
Frauenrechte?
Theoretisch dürfen Frauen wählen, studieren und eigenständig über ihr Leben entscheiden.
Praktisch jedoch ...
- ... haben Wahlen, an denen Frauen hätten teilnehmen dürfen, bisher nicht stattgefunden.
- ... brauchen Frauen, die Erlaubnis eines Vormundes, um mit dem Taxi etc. zur Uni zu kommen. Erhalten sie diese nicht, können sie auch nicht studieren.
- ... sind Frauen in vielen Lebensbereichen von der Zustimmung eines männlichen Vormunds abhängig. Zum Beispiel bei der Unterzeichnung eines Miet- oder Arbeitsvertrages.
Weiterlesen: "Everything I Have to Dois Tied to a Man", Bericht von Human Rights Watch zur Situation von Frauen in Katar, 2021
Freie sexuelle Orientierung?
Homosexuelle Handlungen sind in Katar verboten und können mit bis zu sieben Jahren Gefängnis bestraft werden. Queere Personen erleben in Katar homophobe und transfeindliche Polizeigewalt, wie ein aktueller Bericht von Human Rights Watch zeigt. Auf dem jährlich veröffentlichten Gay Travel Index belegt Katar Platz 190 von 202 und ist somit eines der gefährlichsten Reiseländer für die LGBTQI+-Community.
Weiterschauen: Offizieller WM-Botschafter bezeichnet Homosexualität als "geistigen Schaden" - ZDFmediathek
Presse- und Meinungsfreiheit?
Offiziell ist die Pressezensur in Katar abgeschafft. Aber öffentliche Kritik am Emir und dem Herrscherhaus sind weiterhin verboten. Daher unterliegt die katarische Presse einer starken Selbstzensur. Ausländische Presse wird ohnehin weiterhin offen zensiert. Die Situation hat sich in den letzten Jahren deutlich verschlechtert, wie die Platzierung Katars auf der "Rangliste der Pressefreiheit" von "Reporter ohne Grenzen" zeigt: 2008 belegte Katar noch Platz 74 (von180 Ländern). 2020 war es nur noch Platz 119.
Weiterlesen: Faktencheck: Pressefreiheit in Katar? | Nahost | DW | 18.11.2022
Religionsfreiheit?
Staatsreligion ist in Katar der sunnitische Islam wahhabitischer Prägung, das heißt eine sehr konservative und streng ausgelegte Form des Islams. Islamisches Recht prägt Teile der Gesetzgebung. So steht Blasphemie (Gotteslästerung) unter Strafe. Familien- und Sorgerechtsfragen werden nach islamischem Recht (meist zugunsten der Männer) geregelt.
Muslimischen Katarer*innen ist es unter harten Strafen verboten, zu einem anderen Glauben zu konvertieren. Nicht-islamische Religionsgemeinschaften können ihre Religion ausleben, wenn sie staatlich registriert sind. Allerdings ist nur die Durchführung von Glaubensritualen ist erlaubt, religiöse Symbole dürfen nicht öffentlich gezeigt werden. Hinduismus und Buddhismus (die Religionen vieler Arbeitsmigrant*innen) sind zum Beispiel von der Registrierung ausgeschlossen.
Weiterlesen: Religionsfreiheit Weltweit Bericht 2021: Katar von ACN International
Allgemein zu Freiheiten in Katar: Bernhard-M. Beyer, Dietrich Schulze-Marmeling: Boykottiert Katar 2022! Warum wie die FIFA stoppen müssen, Bielefeld 2021.
Sport und Menschenrechte
Katar ist nicht das erste Land, das ein sportliches Großereignis ausrichten darf, obwohl Menschenrechte seitens des Staates massiv missachtet werden. Ob bei den Olympischen Spielen 2008 in China, der Fußballweltmeisterschaft 2018 in Russland oder den Olympischen Spielen 1936 in Nazi-Deutschland - autoritäre Regime wussten und wissen Sportevents für sich und ihre Imagepflege zu nutzen. Ein Grund mehr nicht nur in diesem Jahr genau hinzuschauen!
Ihr möchtet euch noch mehr mit dem Zusammenhang von Sport und Menschenrechten beschäftigen?
Die Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg hat umfangreiches Material zum Thema zusammengetragen: "Toleranz, Respekt, Fairplay und Teamgeist zählen zu den wichtigsten Werten im Sport. Doch auf und neben dem Platz, in der Kabine, im Verein, in der Fankurve oder bei der Vorbereitung von sportlichen Großereignissen wie der Fußball-Weltmeisterschaft in Katar im Winter 2022 werden Menschenrechte massiv missachtet." Weiterlesen: hier.
Und vielleicht ist unser buchbares Workshop-Angebot zu Sport und Menschenrechten etwas für euch? Mehr Infos dazu gibt es hier.
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