Taucht ein in die aufregende Welt der Stand-Up-Comedy mit Senay Duzcu, der ersten deutsch-türkischen Frau, die sich in dieser Szene einen Namen gemacht hat. Im Interview gewährt sie uns spannende Einblicke hinter die Kulissen ihrer langjährigen Karriere als Comedian, erklärt, warum es für sie so bedeutend ist, ihre Identität in ihr Programm einzubringen. Außerdem teilt sie wertvolle Tipps, wie auch ihr mit Comedy durchstarten könnt. 

youpod: Wie lange machst du schon Stand-Up-Comedy und wie bist du dazu gekommen? 

Senay: Hobbymäßig schon über 20 Jahre, aber ich habe das damals nur so einmal im Jahr gemacht, also nicht oft. Damals gab es keine offenen Bühnen. Und dann kam ich zu schnell ins Fernsehen und hatte kein Programm. Ich war Neuling. Ich habe sofort wieder aufgehört und dann erstmal mit Kindern gearbeitet für sechs, sieben Jahre. Ich wollte nichts mehr mit Comedy zu tun haben, da ich sehr schnell gemobbt wurde am Anfang, weil ich zu schnell nach oben kam. Die anderen haben gedacht: „Oh mein Gott, die ist ja noch nicht gut. Wie kann sie ins Fernsehen kommen?". Das mochte ich nicht. Aber dann habe ich gesehen, dass jemand meine Sachen nachmacht im Fernsehen, und dachte "Oh, so schlecht bin ich doch gar nicht." 2010 habe ich wirklich professionell angefangen. 

Hattest du bestimmte Vorbilder aus dem Comedy-Bereich, die dich inspiriert haben? 

Direkte Vorbilder waren amerikanische Frauen. Ansonsten habe ich Helge Schneider gemocht und so verrückte Leute auf der Bühne. Oder auch politische Sachen. 

Die Gedanken von Freund*innen und Familie

Als du dich dann dazu entschieden hast, Stand-Up-Comedy zu machen, hast du dir Gedanken darüber gemacht, was deine Freund*innen denken oder dein Umfeld? Oder warst du sehr selbstsicher? 

Da habe ich mir gedacht: „Ich mach das! Ich will ja auf die Bühne." 

Was war denn eigentlich die Reaktion deiner Familie? 

Ja meine Familie, die sind mittlerweile stolz. Die haben irgendwann gesagt: „Wir haben die Hoffnung verloren, die werden wir nicht mehr in die Türkei bringen." So im übertriebenen Sinne. Das finde ich schade, aber was soll man machen. 

Deutsch-Türkische Perspektive

Hast du in deinem Programm von Anfang an auch schon deinen Migrationshintergrund und deine Identität eingebracht oder kam das erst mit der Zeit? 

Das musste ich tun, weil das immer gefragt wurde. Wenn ich irgendein migrationsloses Thema gemacht habe, dann haben die Leute gesagt: „Wo bleiben ihre Eltern? Sagen sie doch mal, woher kommen sie denn?" Die wollten das so. Also die einen sagen: „Das ist zu viel, jetzt haben wir zu viel davon gehört." Und die anderen sagen: „Wenn das Thema gar nicht da ist, das ist so traurig. Wir wollen Sie ja kennenlernen und mehr über Sie wissen." 

Ist es dir jetzt mittlerweile wichtig, dass du diese weibliche deutsch-türkische Perspektive auch in die deutsche Comedy-Szene bringst? 

Ja, auch weil das eine Marke ist. Ich bin die erste, die das gemacht hat. Die erste Migrantin in Deutschland, die erste türkische Frau. Und deswegen erlaube ich mir, das auch weiterhin so zu machen. 

Frauen in der Comedy-Szene

Gibt es generell etwas, was du dir von der deutschen Comedy-Szene wünschst für die Zukunft? 

Ja, ich würde mir wünschen, dass mehr Frauen da sind, aber das ist schwer. Es ist in allen Nationen so, dass in der Comedy weniger Frauen vertreten sind als Männer. Das ist überall so. Frauen müssen sich überwinden, nicht nur schön, sondern auch lustig zu sein. Das ist eine kleine Überwindung, weil eine Frau es natürlich auch nicht mag, ausgelacht zu werden. 

Hast du eine Message für Frauen oder junge Mädchen, die sich für Comedy interessieren? 

Ja, ich sage einfach: Seid mutig! Lebt euer Herz aus. Geht auf die Bühne. Öffnet euch, öffnet eure Herzen. Sagt, wenn ihr Ja sagt, richtig Ja, und wenn ihr Nein sagt, dann richtig Nein. Wir müssen klarer sein und klarer zu uns stehen, damit es auch für die Männer ein bisschen einfacher ist. Auch weil wir dieses Schwammige, diese Unsicherheit auf andere übertragen. Deswegen müssen wir Frauen auch selbstbewusster werden. Dann brauchen wir die Männer nicht, die uns unterstützen. Es reicht schon, wenn wir uns gegenseitig mehr unterstützen. 

Tipps für Einsteiger*innen

Wenn ich jetzt anfangen möchte mit Comedy, wie hast du das denn gemacht? Wo kann ich das machen? 

Du schreibst erstmal ein vier- bis fünf-minütiges Stück. Dafür schreibst du ganz viele lustige Sachen auf und brichst das runter auf vier Minuten oder fünf. Dann bringst du das auf eine offene Bühne, wo du vielleicht nur einen Kaffee kriegst, aber dafür dein Programm spielen kannst. Das gibt es jetzt mittlerweile überall für Newcomer. Du hast dann die vier Minuten und die musst du so aufbauen, dass du ein Setup und einen Punch hast. Also nicht Setup, Setup, Setup, sonst sind sie alle so *macht einschlafende Geste*. Du darfst nicht lange erzählen. Am besten wenig erzählen und dann sofort auf den Punkt kommen. Sonst kommt keiner mit. Das Ganze ist nämlich ein Gespräch mit dem Publikum.

Wenn du sagst „Das ist sicher. Das ist so ausgetüftelt. Das bringe ich jetzt auf die Bühne." Dann gehst du auf die Bühne und probierst es aus. Du fängst aber mit wenig an. Nicht mit 10 Minuten, dann stirbst du. Wenn dann einmal kein Lacher kommt, wo du einen vermutet hast, denkst du „Wie? Jeder sagte, das ist lustig. Aber keiner lacht." Dann wird man traurig und das spürt das Publikum. „Guck mal, der hat jetzt keine Sicherheit. Der geht unter. Komm, lass uns ihn noch mehr runterbringen!" Also musst du immer, wenn du auf der Bühne bist, sagen „Ich bin hier der Chef, nicht ihr. Ich mache die Witze." Dann fühlt sich das Publikum auch wohl. „Ah einer, der selbstbewusst ist und weiß, was er macht." Dann lieben die das. Wenn du etwas auf der Bühne machst, musst du eine Haltung haben. Du musst zum Beispiel sagen „Ich finde das schön", „Ich finde das doof", „Ich finde das großartig." Und dann auch immer sagen, warum, warum, warum.  

Mehr von Senay

Du bist ja jetzt über die Jahre schon weit gekommen. Wo kann man dich und deine Comedy generell noch so sehen? Du warst auch mal im Fernsehen. Bist du auch auf Tour mit deiner Comedy momentan? 

Ja, ich bin gerade auf meiner Tour. Ich war im Norden, dann war ich im Süden und jetzt habe ich noch ein paar andere Auftritte. Dann habe ich ein bisschen Pause und danach komme ich wieder mit meinen Shows. 

Kann man dich auch online irgendwo verfolgen? Auf Social Media? 

Ja überall, jetzt auch auf TikTok. Da bin ich noch sehr neu, und ich versuche meinen Mut zu fassen, auch da irgendetwas zu machen. Das ist dann meine Herausforderung gerade. Wie macht man das? Da muss ich mich noch finden. 

Danke für das Interview. 

Ihr seid neugierig auf Senays Comedy geworden oder wollt einfach noch mehr über sie als Person erfahren? Dann schaut gerne auf Ihrer Website senay.tv/ , bei Instagram @senayduzcu oder bei TikTok @senayduzcu1 vorbei.