Geocaching – Hobby, Trend, moderne Schatzsuche. Ich habe es mit einer Gruppe aus Fortgeschrittenen und anderen Anfängern ausprobiert.
Irgendwo muss es doch sein. Meine Augen schweifen über Tannen, Birken, Steine, einen Stromkasten, den Weg und den Bordstein. Nichts Auffälliges. Moment, wonach suche ich eigentlich? Nach einem Hinweis, das ist klar, aber wie sieht so etwas aus? Ich traue mich nicht, die anderen zu fragen und starre weiter den Bordstein entlang.
Aber wieso sollte ich nicht fragen? Ich habe mich bereits als ahnungslose Anfängerin geoutet. Ich weiß nur, dass wir uns gerade bei einer Kombination aus Wandern und Schatzsuche befinden. "Wonach suchen wir?", frage ich in die Runde der Fortgeschrittenen und anderen Anfänger. Jan von der Naturfeunde-Jugend NRW, der die Tour für uns ausgesucht hat, gibt die wenig befriedigende Antwort: "Das kann man nie genau wissen." Na toll. Zum Glück kommt schnell die Ergänzung: "Wir brauchen Zahlen für die Koordinaten der nächsten Station." Wir benötigen Gradzahlen für Norden und Osten. Die geben wir in unsere GPS-Geräte ein und lassen uns von der modernen Technik zur nächsten Station führen.
Auf der Suche nach Zahlen
Zahlen, damit kann ich etwas anfangen. Der Förster hat die Bäume allerdings nicht mit neonfarbenen Ziffern gekennzeichnet, der Bordstein ist nicht in Streckenabschnitte unterteilt. Nur der Stromkasten sticht ins Auge. Er ist mit getrocknetem Matsch und Staub überzogen. Ich kratze den Dreck mit der Schuhspitze ab. Keine Zahlen.
Aber da, an der Seite: ein Schild mit Adresse und Telefonnummer. "Hier ist was", sage ich. Ein paar Köpfe schrecken hoch. "Können es Telefonnummer sein?", ergänze ich. Die Köpfe senken sich wieder und suchen weiter. Jan druckst herum und will mich ermutigen: "Manche Geocacher sind wirklich kreativ. Ich habe bei einer Route mal erlebt, dass jemand eine Infotafel selbst gebastelt hat und die Koordinaten darin versteckt hat." Die Aufmunterung hilft nichts, ich bleibe teilnahmslos auf dem Weg stehen und lasse alibimäßig die Augen hin- und herschweifen. Minutenlang stehe ich herum, minutenlang suchen die anderen weiter. Dann bleibt ein anderer Teilnehmer der Tour vor dem Kasten stehen und macht auf "mein" Schildchen aufmerksam. Toll, denke ich, nur weil ich Anfängerin bin, glaub mir niemand. In der Telefonnummer verbirgt sich tatsächlich unsere zweite Station. "Revolutionäre Ideen wurden noch nie zeitnah gewürdigt", murmel ich und trotte hinter der Gruppe her.
Caches überall
Wir haben eine Viertelstunde für die erste Station gebraucht, zehn liegen auf einer Strecke von vier Kilometern noch vor uns. Das kann ja ein anstrengender Tag werden. Insgesamt gibt es in Düsseldorf zurzeit knapp 6000 Caches, in Deutschland etwa 150.000, weltweit sogar 1,5 Millionen – eine ganze Menge, wenn man bedenkt, dass es Geocaching erst seit 2000 gibt. "In diesem Jahr haben die USA die GPS-Signale für Privatpersonen freigegeben", erklärt Jan. Seitdem übertrumpfen sich die Cacher weltweit, legen spannende Routen, denken sich Rätsel und Spiele aus und betreiben Internetseiten, auf denen sich die Gemeinschaft austauschen und die bereits aufgespürten Caches sammeln kann.
Jan versichert seiner lernwilligen Truppe, er habe uns eine Route ausgesucht, die in der Szene total angesagt sei. Wir verstehen schnell, warum: Die einzelnen Rätsle und Hinweise wurden liebevoll in Plastikdosen gelegt und am Rand des Waldwegs vergraben oder in Baumwurzeln gesteckt. Mal verstecken sich die Koordinaten in einer Telefonnummer, mal müssen wir Metallplatten zählen, Zahnräder drehen und Schraubenmuttern zur Seite schieben, um ans Ziel zu kommen.
Die Abwechslung hält mich bei Laune. Obwohl mein Engagement zu Beginn wenig gewürdigt wurde, bleibe ich am Ball, genauer gesagt: am Cache. Meine Sternstunde kommt wenig später. Wir krakseln einen schmalen Trampelpfad an einem Abhang entlang. Birken geben auf der linken Seite Halt, rechts läuft als Handlauf ein altes Rohr den Hügel entlang. Wir mustern das Rohr, denn wir haben heute eins gelernt: Augen auf bei Ungewöhnlichem. Die anderen laufen um das Rohr herum, drehen Schrauben und Hebel. Nichts passiert. Mein Blick fällt auf eine Schraube drei Meter entfernt, die mehr glänzt als die anderen verrosteten. Ich drehe – und entdecke unsere neuen Koordinaten. Zwar bleibt meine Anerkennung auch dieses Mal aus. Ich muss mir anhören, dass ich den Cache nur gefunden habe, weil ich mich an der Stelle ausruhen wollte. Aber ich triumphiere. 1,5 gefundene Hinweise für mich, 0 für den Miesepeter.
Geocaching ist kein Wandern
Die Schatzsuche geht weiter, die Füße schmerzen bereits – wie beim langen Wandern. Viel mehr Gemeinsamkeiten sehe ich nicht. Wandern ist ein – zugegebenermaßen ab und zu langweiliges – Naturerlebnis. Wanderer sehen Wälder, Berge, Tiere – wir starren zwischen zwei Stationen stur auf unsere GPS-Geräte, vier Kilometer lang. An den Stationen selbst haben wir ein Auge für Details, aber nur für die, die nicht ins Bild passen. Tannennadel, Moos, Äste, scanne ich kurz mit dem Blick, tue sie aber als normal ab. Mein Blick haftet erst dann länger an einem Gegenstand, wenn er nicht natürlich aussieht oder so wirkt, als ob Menschen ihn so hingelegt hätten.
Unsere nächste Station müssen wir nur kurz scannen. Die Plastikdose ist schnell gefunden, das Rätsel schnell gelöst. Das Ergebnis verunsichert uns zwar, wir geben es aber trotzdem in die Geräte ein und folgen den Pfeilen – bis sie in den Wald hinein zeigen und der Weg endet. Den einen Teil der Gruppe stört das nicht, er rast weiter. Der andere rümpft die Nase. "Hier ist doch gar keine Cacher-Autobahn", sage ich. Dieses Wort habe ich heute gelernt. Es steht für kleine Trampelpfade abseits des befestigten Weges, die Cacher hinterlassen, wenn sie nach einem Versteck suchen. Allerdings sollten Cacher nicht einfach in der Natur wüten. Ich gucke Jan fragend an. "Ökologisch vertretbar ist so etwas nicht", sagt der Mann von der Naturfreunde-Jugend NRW und verrät: "Innerhalb der Szene gibt es daran scharfe Kritik. Cacher sollten sich nicht wie die Axt im Wald aufführen." Es gebe sogar Regeln. Cacher sollten nicht im Dunkeln unterwegs sein, wenn sie nicht mehr sehen, was sie zerstören könnten. Außerdem sollten sie die Wege nicht zu weit verlassen.
Über die Cacher-Autobahn zum Final
Als Jan das erklärt, ist der andere Teil der Gruppe bereits verschwunden. Wir müssen hinterher und erreichen die anderen an der vermeintlichen Station. Erneut suchen wir eine gefühlte Ewigkeit, bis wir uns sicher sind, die falschen Koordinaten mitgenommen zu haben. Die Umweltzerstörung rächt sich. Wir müssen den steilen Hang wieder hinunter tapsen und das Rätsel erneut lösen.
Die Lehre kam an. Wir prüfen die Lösungen der Rätsel fortan genauer und suchen von den Wegen aus. So umsichtig bringen wir die vier Kilometer lange Strecke hinter uns. Selbst die letzte Station, das Final, finden wir leicht. Es ist verschlossen. Wer findet den Schlüssel? Natürlich ich. Wenn das mal kein guter Geocaching-Einstand ist …
Ein youNEWS-Beitrag von
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Veröffentlicht am
30. September 2011
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