Ein Bericht über die Anforderungen der individuellen Förderung an Lehrkräfte heute.
Wie die Anforderungen der individuellen Förderung an Lehrkräfte heute aussehen und warum jedes Kind im Blick behalten werden muss – darüber referierte Prof. Dr. Rita Süssmuth am Mittwochabend in der Düsseldorfer VHS (Volkshochschule).
Gegen 19 Uhr betrat die ehemalige Familienministerin (CDU) das Podium vor etwa 60 anwesenden Gästen, die sich im Saal 1 der VHS zum kostenlosen Vortrag der Veranstaltungsreihe "Betrifft: Schule" eingefunden hatten.
In ihrem ca. 45-minütigen Vortrag sprach Frau Süssmuth eine Menge schulpolitischer Themen an. Ganz wichtig war ihr dabei immer wieder, dass sich Schule "öffnen" müsse. Es müssten insbesondere generationenübergreifend "viele mit ins Boot" geholt werden. Schließlich stecke in jedem Menschen "Potential". Dies seien auch die neuesten Ergebnisse der Hirnforschung.
Kritik an den aktuellen Verhältnissen übte Frau Süssmuth reichlich: Bezahlung und gesellschaftliche Stellung der LehrerInnen in unserer Gesellschaft seien unzureichend; "Ideologieverdrossenheit" in bildungspolitischen Diskussionen sei kontraproduktiv; Abstieg im deutschen Schulsystem sei immer noch einfacher zu bewältigen als Aufstieg.
Auch Verweise auf die beiden aktuell meistdiskutierten Bücher – Thilo Sarrazins "Deutschland schafft sich ab" und Stéphane Hessels "Empört Euch!" – durften natürlich nicht fehlen. Das Empören, so Süssmuth, sei von immenser Wichtigkeit. Man dürfe "niemals aufhören zu fragen". Die Äußerungen des ehemaligen Vorstands der Deutschen Bundesbank bezeichnete sie hingegen als eine "Rattenfängerei", welche sie dazu veranlasst habe, die berühmt-berüchtigte Berliner Rütli-Schule zu besuchen, um sich selbst ein Bild davon zu machen, wie es in einem sozialen Brennpunkt zugeht. Beeindruckt war sie schließlich vom enormen "Selbstwertgefühl" der SchülerInnen. Dieses sei ohnehin von großer Bedeutung im Integrations- wie auch überhaupt im Lernprozess.
Viel wichtiger als die Beseitigung sprachlicher Mängel (dennoch gelte es diese beizulegen) sei die "soziale Zugehörigkeit" in der Gesellschaft. Man müsse "weg von rein ökonomischen Betrachtungsweisen" wie sie der Sozialdarwinist Sarrazin in seinem Bestseller anstelle.
Die Anforderungen der individuellen Förderung an Lehrkräfte heute seien nicht nur ein deutsches, sondern ein internationales Problem. So verweist Frau Süssmuth auf die OECD-Studie, PISA. Auf der einen Seite kritisierte sie, dass bei PISA "zu wenig" überprüft werde. Mathematische, naturwissenschaftliche und Lesekompetenzen deckten keineswegs den Bedarf an Evaluation. Hier bestünde Besserungsbedarf. Auf der anderen Seite werde jedoch zu viel evaluiert, sodass vor lauter Evaluation die eigentliche Unterrichtspraxis zu kurz käme.
In der anschließenden offenen Diskussionsrunde kamen weitere Aspekte zur Sprache wie die immer zunehmendere Bedeutung der Mediation. Die Wichtigkeit der Familie, da Schule niemals gänzlich den familiären Erziehungsauftrag ersetzen könnte, sei auch nicht zu unterschätzen. Und auch die gestiegenen Erwartungen an heutige SuS-Generationen, welche in Widersprüchen aufwüchsen, seien nicht zu vergessen.
Ich selbst teile die Ansichten Frau Süssmuths – obwohl ich mich mit ihrer Parteizugehörigkeit nicht identifizieren kann – weitestgehend. Denkt man ihre Gedanken konsequent weiter, entstünde ein Plädoyer für mehr "offene" Schulen, längeres gemeinsames und verstärkt interkulturelles Lernen, Stärkung des individuellen Selbstwertgefühls und ein lebenslanges Lernen.
Um mit einem, dem Vortrag entnommenen Zitat zu schließen: "Es gibt wahnsinnig viel zu tun, aber es ist noch nicht zu spät!" Packen wir’s an.
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Veröffentlicht am
8. Februar 2011
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