Stell dir vor: 17 Tänzer*innen im Theaterzelt am Burgplatz, alle in hautfarbenen Bodys, die Haare streng zurückgegelt. Keine bunten Kostüme, kein Glamour. Stattdessen stampfende Elektrobeats, Bewegungen wie Maschinen – und doch voller Emotion. Genau das hat die Kompanie tanzmainz mit Sharon Eyals Choreografie “Soul Chain” auf die Bühne gebracht.
Das Stück, das 2018 den renommierten Theaterpreis DER FAUST gewonnen hat, ist alles andere als ein klassisches Ballett. Die Tänzer*innen laufen fast eine Stunde lang auf den Zehenspitzen, in Formationen, die sich ständig verändern. Mal wirkt es wie ein Schwarm, der von einem unsichtbaren Beat getrieben wird, dann bricht plötzlich jemand aus und zieht die Aufmerksamkeit auf sich – mit einer Faust, einem Blick oder nur einer winzigen Kopfbewegung.
Schwarm oder Individuum?
Genau darum geht es in “Soul Chain”: um die Spannung zwischen Masse und Einzelnen. Alle wirken gleich, doch die Unterschiede stechen umso stärker hervor. Die Energie des Ensembles ist so heftig, dass man als Zuschauer*in irgendwann selbst den Atem anhält. Und während der Techno von DJ Ori Lichtik immer weiter dröhnt, sieht man, wie den Tänzerr*innen langsam die Kräfte ausgehen – Schweiß, angespannte Gesichter, Muskeln am Limit.
Warum das ballert
“Soul Chain” ist kein Stück, bei dem man sich entspannt zurücklehnt. Es ist körperlich, direkt, fast brutal ehrlich. Die Beats gehen in die Beine, die Bewegungen in den Kopf. Und trotzdem geht es nicht nur um Power, sondern auch um Sehnsucht und Verletzlichkeit. Choreografin Sharon Eyal sagt selbst: “Man sieht den Schmerz, den Schweiß und wie das Innere versucht, sich Bahn zu brechen.”
Unser Fazit
Wer beim Düsseldorf Festival nach einem Tanzabend gesucht hat, der gleichzeitig Kunst und Rave-Vibes liefert, war hier genau richtig. “Soul Chain” ist anstrengend – für die Tänzer*innen genauso wie fürs Publikum. Aber genau das macht es so intensiv. Es ist ein Stück über Gemeinschaft und Individualität, über Gleichschritt und Ausbruch, über das, was uns verbindet und unterscheidet.
Und ja: Das ballert mehr als so mancher Clubabend.